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Archiv-Artikel

Osten hofft auf Einheit der Partei

Ostdeutsche Landesverbände der Schill-Partei bekennen sich zu dem entlassenen Innensenator und warnen vor einem „Bruch“ der Partei. Doch die Basis ist verärgert

DRESDEN taz ■ „Die Hamburger Vorgänge überraschen mich nicht. Das war abzusehen!“ Karl-August Kamilli ist fertig mit der Schill-Partei – und sie mit ihm. Ob er nun das erste Parteimitglied in Sachsen war oder nicht, er bekam jedenfalls im Sommer 2002 ein „lächerliches“ Parteigerichtsverfahren an den Hals. Seitdem spottet er nur noch über den Verein, von dem er einmal eine Rückkehr zu Bürgersinn und Rechtsschutz für die Schwachen erhofft hatte. Das Gegenteil sei in verschärfter Form eingetreten – der übliche Kampf um Personen und Posten. „Ich habe schon vor der Hamburg-Wahl befürchtet, dass die zu gut abschneiden und dann abheben.“

Spätestens jetzt sei es rufschädigend, noch Mitglied bei Schill zu sein. Kamilli weiß, wovon er spricht. Nur drei Wochen nach dem Erscheinen eines taz-Porträts über den damaligen Schillianer im Januar 2002 verlor er seinen Posten als Leiter der „Stabsstelle Bürgeranliegen“ in der Sächsischen Staatskanzlei. Ein weiteres Mal ist der sperrige DDR-Renitente, der auch einmal stellvertretender Vorsitzender der Ost-SPD war, auf der Suche nach einer politischen Heimat.

Edwin Stiebitz, Vorsitzender der in Sachsen registrierten 200 Schill-Parteianhänger, mag sich dagegen vom Gründer- und Übervater in Hamburg nicht so recht distanzieren. Der Auftritt bei der Pressekonferenz Mitte der Woche sei „nicht glücklich“ gewesen. Aber Stiebitz schätzt klare Worte mehr als Schauspielerei. So solle Schill auch nicht verurteilt werden, wenn ihm nicht eindeutige Fehler in seiner Amtsführung nachgewiesen werden könnten.

Der zentralistische Griff der Hamburger Parteizentrale ist weiterhin spürbar. Ähnlich wie Stiebitz drückt sich auch Kay Watermann, amtierender Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, vor einer klaren Antwort auf die Frage, ob die Hamburger Affäre der ohnehin labilen Partei geschadet habe. In den Kreisverbände herrsche eine Stimmung des „Jetzt erst recht!“ vor, sagt er. Auch er selbst stehe weiter zu Schill. Watermann betont allerdings, dass man in Sachsen-Anhalt ein eigenes „tolles Programm“ habe, und verweist auf die funktionierende Infrastruktur der Partei in Sachsen-Anhalt. Dort kann die Schill-Partei 24 Kreisverbände mit insgesamt 600 Mitgliedern vorweisen. Bei den Kommunalwahlen im nächsten Jahr wolle man den Misserfolg der Landtagswahl 2002 korrigieren. Doch nicht alle teilen das Bekenntnis zu Parteigründer Schill. Die Mitteldeutsche Zeitung zitiert durchaus unzufriedene Parteimitglieder. Diese schimpfen, dass sie „Zugpferde, die nur üble Schlagzeilen produzieren“, als „zusätzliches Marschgepäck“ satt haben.

Sachsen-Anhalt und die völlig bedeutungslosen, personell zerstrittenen Landesverbände in Sachsen und Thüringen wollen absehbar enger zusammenarbeiten. Selbst eine Fusion ist nicht ausgeschlossen. Vorerst aber bemüht man sich um Schadensbegrenzung. Edwin Stiebitz aus Leipzig will sogar am Wochenende zum Landesparteitag nach Berlin anreisen und helfen, „einen Bruch“ der augenblicklich gespaltenen Partei zu vermeiden. MICHAEL BARTSCH