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Archiv-Artikel

Placebo-Thema

Erst sollte sich die Kommission vor allem um Gesundheit kümmern. Doch dann gab es sehr viele Rentenexperten

Von U.H.

BERLIN taz ■ Als im Herbst bekannt wurde, wer in der Rürup-Kommission sitzt, da waren Insider pikiert: „Das sind ja fast nur Rentenexperten!“ Dabei sollte sich die Reformkommission eigentlich verstärkt um das Krankenkassenwesen mühen. „Aber Gesundheitsökonomen fehlen weitgehend“, lautete die überraschte Personalanalyse.

Die Rürup-Kommission ist eben ein hübsches Beispiel, wie Gremien und Zukunftsthemen zustande kommen. Denn nahe liegend war es nicht, dem Komplex Rente eine Kommission zu widmen. Schließlich lief die Riester-Rente, die auch schon als „Jahrhundertreform“ gepriesen wurde, gerade erst an.

Warum also schon wieder die Rente, als ob die Gesundheitsreform nicht genug Arbeit machen würde? Das Thema war ein Placebo für die Grünen. Denn am Anfang stand ein Streit zwischen den Koalitionären. Er befasste sich allerdings nicht mit der fernen Zukunft der Sozialsysteme, sondern mit den Ad-hoc-Problemen im letzten Herbst. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, und in der Rentenkasse klaffte ein Loch. Da beschloss Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) einseitig, die Rentenbeiträge auf 19,5 Prozent anzuheben. Das war im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Erst drohten die Grünen, nicht zuzustimmen, dann sahen sie das Unvermeidliche ein. Aber das Gesicht wollten sie auch nicht verlieren, eine „Kompensation“ musste her. Passend erinnerten sie sich an ihren neuesten Werbeschlager: die „Generationengerechtigkeit“. Sie sollte nun explizites Thema der Rürup-Kommission werden. Sogar schriftlich wollte es die damalige Parteichefin Claudia Roth von der Sozialministerin haben.

Hat sich die damalige Aufregung gelohnt? Wohl eher nicht. Denn die Rentenvorschläge der Rürup-Kommission sind bescheiden im Vergleich zum Denkbaren. Von einer Bürgerversicherung ist nicht die Rede, von einer Berücksichtigung aller Einkunftsarten auch nicht. Reduziert man die Rürup-Botschaft auf ihren Kern, dann lautet sie: Das meiste wurde unter Riester längst beschlossen. U.H.