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Archiv-Artikel

Flierl will neue Reformstufe zünden

Kultursenator plant, mit Haushaltsentwurf 2004/2005 Strukturreformen für Kultur weiter voranzutreiben. Das gelingt nur halb, kritisieren Grüne und CDU. Die Kürzungen für Berliner Symphoniker „machen diese platt“, schimpfen sie

Der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses hat am Montag den Etatentwurf von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) für den Doppelhaushalt der Jahre 2004 und 2005 in Teilen kritisiert. Die Mitglieder aller fünf Fraktionen räumten ein, dass Flierl zwar in der Vergangenheit mit seinen Strukturreformansätzen und mit Hilfe des Bundes die Substanz der Berliner Kultur – beispielsweise bei den Opernhäusern – sichern konnte. Bei dem zukünftigen Entwurf in Höhe von 348 Millionen Euro jedoch mangele es in entscheidenden Punkten genau an der Fortsetzung dieser Richtung.

Insbesondere warfen Grüne und die CDU dem Senator die geplante Einstellung der Zuschüsse für die Berliner Symphoniker vor. Außerdem fehle ein Konzept zur notwendigen Sanierung der Staatsoper Unter den Linden. Das Ziel, den Opernetat von derzeit 113 Millionen auf 96,8 Millionen Euro 2009 zu senken, nannten Mitglieder nicht erreichbar. Schließlich wurde Flierl aufgefordert, mit dem Bund über ein klares Programm zur Aufgabenverteilung zwischen Bundes- und Landeszuständigkeiten zu verhandeln.

Der Senator nannte den bisherigen Reformwillen seines Hauses „vor dem Hintergrund zahlreicher Schließungsszenarien einen Erfolg“. Auch der neue Entwurf setze den Weg zahlreicher Strukturreformen weiter fort. Durch die Verhandlungen mit dem Bund sei eine dauerhafte Entlastung um 16,4 Millionen Euro erzielt worden. Die geplanten Absenkungen – bei den Philharmonikern 283.000 Euro, bei der Opernstiftung 1,5 Millionen Euro, beim Friedrichstadtpalast 400.000 Euro sowie bei den Sprechtheatern – seien „im Einvernehmen mit den Betroffenen“ vorgenommen worden, so Flierl. Die freie Szene, Frauenprojekte und die Förderung ausländischer Künstler seien von den Kürzungen nicht betroffen.

Der Kultursenator begründete den Subventionsabbau von 3,3 Millionen Euro für die Symphoniker damit, dass die Stadt fünf sinfonische Orchester beherberge. Flierl: „Das ist eine bittere, ungerecht erscheinende und harte Entscheidung.“ Nach Abwägung aller Möglichkeiten sehe er aber keine Chance für eine Weiterfinanzierung.

Während die PDS „alles dafür tun will“, die Berliner Symphoniker zu erhalten – aber nicht sagen konnte, wie das vonstatten gehen soll –, warf Michael Cramer (Grüne) dem Senator vor, eine für Berlin unverzichtbare Institution „platt machen“ zu wollen. Angesichts der Reduzierung des Musikunterrichts in Schulen und der Arbeit des Orchestern dort sei der Sparvorschlag „unverantwortlich“. Die Symphoniker hätten in rund 190 Auftritten in den Schulen hervorragende Ergebnisse erzielt. Sie sensibilisierten die Pennäler für Musik und das klassische Repertoire. In der Konsequenz bedeutete ein Aus für das Orchester, dass „man sich eine Opernreform auf lange Sicht schenken kann“, sagte Cramer. Die Schüler von heute bildeten die Opernbesucher von morgen.

Flierl kündigte an, im Herbst eine parlamentarischer Initiative für neue „kulturpolitische Leitlinien“ zur freien Szene anschieben zu wollen. Diese sollen eine „Reorganisation der Förderpraxis“ beinhalten, da die „Sicherung des Status quo“ nicht ausreiche. ROLF LAUTENSCHLÄGER