Lehrstellenmarkt bleibt leer

Für das kommende Ausbildungsjahr fehlen in Nordrhein-Westfalen noch etliche Lehrstellen. Der bundesweit eingeführte Ausbildungspakt bringt wenig. Rufe nach Ausbildungsumlage werden lauter

VON HOLGER PAULER

Zum ersten August beginnt für viele Jugendliche die Zeit der Berufsausbildung. Sollte sie zumindest. Doch ein großer Teil kann sich schon einmal auf unfreiwillige Freizeit einstellen: Landesweit suchten Ende Juni noch 45.000 Jugendliche einen Ausbildungsplatz – bei 22.500 freien Stellen. Regina Kerwien von der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit wollte bis zum offiziellen Ablauf der Vermittlungsfrist am 30. September eine genaue Entwicklung der Ausbildungssituation zwar nicht vorhersagen „aber insgesamt sieht es momentan eher noch schlechter aus als im letzten Jahr“. Im Oktober 2003 waren landesweit über 7.000 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz.

Der leitende Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Nord-Westfalen, Karl F. Schulte-Übbing, sieht die Entwicklung in der Emscher-Lippe-Region nicht so dramatisch. „Die Bereitschaft der Betriebe zur Ausbildung ist gestiegen“, so Schulte-Übbing. Für das kommende Ausbildungsjahr habe man bereits 3.000 Verträge abgeschlossen. „Die Zahl ist konstant geblieben, trotz eines regionalen Arbeitsplatzabbaus von 290.000 auf 250.000 Stellen.“

Landesweit ist die Tendenz dennoch rückläufig. „Wir müssen schon im vierten Jahr nacheinander eine Negativentwicklung feststellen“, sagt Norbert Wichmann vom DGB Nordrhein-Westfalen. Trotz des im Juni beschlossenen Ausbildungspaktes zwischen Regierung und Arbeitgebern, wonach auf freiwilliger Basis 30.000 neue Lehrstellen und 25.000 Betriebspraktika geschaffen werden sollen, sei keine Besserung eingetreten. „Der Pakt ist so viel Wert wie ein ungedeckter Scheck“, sagt Wichmann. Er will die Aufbruchstimmung, die angesichts des Ausbildungspaktes entstanden sei, nicht teilen: „Wir brauchen für die Berufsausbildung nach wie vor ein konjunkturunabhängiges Finanzierungsinstrument.“ Forderungen nach einer Ausbildungsumlage, wie jetzt aus Teilen der Bundes-SPD, würden vom DGB unterstützt, so Wichmann.

Rainer Schmeltzer, Landesvorsitzender der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), sieht den Pakt als „letzte Chance für die Wirtschaft“. Allerdings müsse man die endgültigen Zahlen im Oktober erst einmal abwarten, bevor Forderungen nach der Umlage gestellt werden könnten. Das Gesetzgebungsverfahren zur Ausbildungsumlage sei aber lediglich angehalten und nicht beendet, so Schmeltzer. „Sollte sich die Wirtschaft nicht an die Versprechungen halten, muss das Gesetz im nächsten Jahr umgesetzt werden.“

In Nordrhein-Westfalen gibt es seit 1996 den Ausbildungskonsens zwischen Wirtschaft und Politik. Das Land sieht sich auch als Vorbild für den Ausbildungspakt. „Wir werden auch im kommenden Ausbildungsjahr jedem Bewerber eine Stelle anbieten können“, sagt Heike Döll-König vom NRW-Wirtschaftsministerium. Die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot habe es zum gleichen Zeitpunkt der Vorjahre auch schon gegeben. Geschlossen werden konnte sie nicht. Zum 31. Dezember 2003 gab es noch rund 2.400 „Unversorgte“.