: Der Krebs hat seine Helfer
Leukämiestudie sieht keinen Zusammenhang zwischen Blutkrebserkrankungen und Atommeilern. Kinder aber sind durch Stromleitungen und Verkehrsabgase gefährdet
Es klingt nach Entwarnung. „In der Hamburger Bevölkerung sind bezogen auf alle Altersgruppen keine regionalen Häufungen von Leukämien (Blutkrebs) und Lymphonen (Lympfknoten-Krebs) im Umfeld von kerntechnischen Anlagen und Hochspannungsleitungen festgestellt worden“, lautet der erste und zentrale Satz einer Mitteilung der Gesundheitsbehörde über die gestern veröffentlichte Hamburger Leukämiestudie.
Der Sprengstoff der Analyse findet sich dagegen etwas versteckt auf der zweiten Seite der behördlichen Nachricht. Danach „deutet“ sich bei Kindern unter 15 Jahren, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen wohnen, „hingegen ein erhöhtes Leukämierisiko an“. Die Diskussion über die tödlichen Folgen von Elektrosmog ist damit erneut entbrannt.
Die von der Hamburger „Arbeitsgruppe Epidemiologie“ verfasste 140-Seiten-Analyse, die auf den Gesundheits-Daten von über 180.000 HamburgerInnen basiert, ist nicht die erste Untersuchung, die vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Überlandleitungen warnt. „Dieses Teilergebnis bestätigt die Verdachtsmomente aus zahlreichen früheren Studien“, weiß auch die Gesundheitsbehörde.
Sie geht deshalb von „einer besonderen Empfindlichkeit von Kindern gegenüber niederfrequenten elektromagnetischen Feldern“ aus, die „bei Erwachsenen in vergleichbarer Form nicht besteht“. Als Reaktion auf diese Auswertung will die Behörde alles beim Alten lassen. Ihre Folgerung: Die „Abstandsregelungen zwischen Hochspannungsleitungen und Wohnbebauung bleiben daher aus gesundheitlicher Sicht unverändert berechtigt“.
Neben dem Elektrosmog machen die Experten zwei weitere mögliche Krebsverursacher aus: Die kohlenwasserstoffhaltigen Auspuffgase des Straßenverkehrs und die Emissionen des Harburger Phoenix-Werkes. Beide Emissionsquellen sind laut Behörde und Gutachtern aber inzwischen weitgehend verstopft.
So weist die Gesundheitsbehörde darauf hin, dass der verkehrsbedingte Ausstoß „der gesundheitlich relevanten Kohlenwasserstoffe“ vor allem durch die Einführung des Katalysators seit 1990 „um etwa 80 Prozent zurückgegangen“ sei. Und die ermittelte Häufung von Plasmozytomen (Plasmazellen-Geschwulst im Knochenmark) im Drei-Kilometer-Radius der Phoenix führen die Analytiker aufgrund des „höheren Lebensalters“ der Erkrankten auf „zeitlich weiter zurückliegende Expositionen“ zurück. Marco Carini