: Von der Insel, für die Insel
Blick auf die Veddel: Im Auswanderermuseum Ballinstadt widmet sich eine neue Ausstellung dem umgebenden Stadtteil früher, heute und morgen. Zum Mitmachen aufgerufen waren dabei auch die ElbinselbewohnerInnen selbst
Die Maschine lebt. Auch nachts. Der Hamburger Hafen steht nie still. Kann er in anderen Stadtteilen allenfalls als Grundrauschen wahrgenommen werden, bildet er auf der Veddel eine permanente Geräuschkulisse. Denn die Veddel liegt nicht am Hafen, sondern im Hafen. Diese enge Verbindung hat auf der Elbinsel eine ganz eigene Kultur entstehen lassen, wie jetzt auch eine neue Ausstellung im Auswandermuseum Ballinstadt veranschaulicht: „Lebendiger Stadtteil Veddel“ zeigt die historische Entwicklung des Viertels, thematisiert seine soziale Gegenwart – und entwirft mögliche Zukunftsszenarien.
Rund 5.000 Menschen wohnen auf der Veddel. Der Kern des Stadtteils liegt auf einer etwa 500 Meter langen Insel, eingekeilt zwischen Autobahn und Bahngleisen. So international wie hier sind die BewohnerInnen in kaum einem anderen Stadtteil: Mehr als 70 Prozent der InsulanerInnen haben einen Migrationshintergrund, in der einzigen Schule vor Ort ist dieser Anteil mit knapp 90 Prozent sogar noch höher.
Die Ausstellung portraitiert die VeddelerInnen nicht nur, sie ist ihnen zugleich auch ein Forum: Als ehrenamtliche HelferInnen hatten sie die Möglichkeit die Ausstellung mitzugestalten. So kann die BesucherIn nun Vitrinen besichtigen, deren Inhalt von den SchülerInnen der örtlichen Schule modelliert wurde, oder sich Interviews mit BewohnerInnen anhören.
„So wie sich der Hafen gewandelt hat, hat sich auch die Veddel verändert“, erklärt da Gerd Matthes, ehemals Betreiber der traditionsreichen Fischbude Matthes, „früher wurde im Hafen noch alles mit der Hand gemacht. Auf der Veddel lebten damals fast ausschließlich Hafenarbeiter.“ Als sich der Hafen Richtung Westen ausdehnte und die Jobs in unmittelbare Nähe der Veddel rar wurden, verlor der Stadtteil für viele Hafenarbeiter ihre Attraktivität. Sie zogen weg, viele Häuser wurden nicht mehr renoviert, der Stadtteil vergreiste. Die günstigen Mieten zogen dann vor allem MigrantInnen an. Langsam belebten sie den Stadtteil wieder – gaben ihm einen neuen Charakter.
„Im Sommer hat man auf der Veddel manchmal das Gefühl in einem mediterranen Land zu leben. Das Leben findet auf der Straße statt“, hört man den örtlichen Pastor in einem der Interviews sagen. Eben dieser multikulturelle Charakter sei für ihn der Grund gewesen, auf die Veddel zu ziehen, erklärt ein junger Student in einem anderen Interview. Im Zuge des „Sprungs über die Elbe“ forcieren Stadt und städtische Wohnungsbauunternehmen seit 2004 durch Mietsubvention den Zuzug von StudentInnen auf die Veddel. Eine Infotafel weist auch auf weitere Veränderungen hin, die dem Stadtteil durch die Internationale Bauausstellung 2013 entstehen könnten. Gleich daneben steht die Vitrine, die von den Veddeler SchülerInnen gestaltet worden ist – auch sie ein Blick in die Zukunft. JOHANN TISCHEWSKI
„Lebendiger Stadtteil Veddel“: tägl. 10 – 18 Uhr, Auwandererwelt Ballinstadt, Veddeler Bogen 2