: Kostspielige Nachtarbeit
Erneut hat die Ausländerbehörde ein Flugzeug gechartert, um insgesamt 15 Personen in die Türkei abzuschieben. Die Kosten für die Aktion belaufen sich auf 34.600 Euro. Nur sechs Abgeschobene davon sind tatsächlich zu Haftstrafen verurteilt worden
Von ELKE SPANNER
Um ausreisepflichtige AusländerInnen abzuschieben, scheut die Innenbehörde keine Kosten. Für gestern Morgen hatte das Amt eigens ein Flugzeug gechartert, um 15 TürkInnen nach Ankara auszufliegen. Die gewaltsame Ausweisung einer Mutter mit ihren vier Kindern musste allerdings abgebrochen werden: Gülten H. hat am Flughafen einen Herzanfall erlitten und wurde ins Krankenhaus Barmbek gebracht.
34.600 Euro hat der Flug im Morgengrauen gekostet. Dass die Behörde für Abschiebungen extra ein Flugzeug mietet, ist schon öfters vorgekommen. Zuletzt war im Mai eine Chartermaschine im Auftrag des Amtes in die Türkei geflogen. Auf diese kostspielige Variante setzt die Ausländerbehörde, wenn Straftäter mit an Bord sind. „Die müssen vom BGS begleitet werden“, erklärt Amtsleiter Ralph Bornhöft. Die Bewachung sei unproblematischer durchzuführen, wenn nicht noch Passagiere auf Urlaubsreise an Bord sind.
Auch dieses Mal, sagt Bornhöft, seien „teilweise zu langjährigen Haftstrafen verurteilte Straftäter“ in die Türkei ausgeflogen worden. Das trifft allerdings nur auf sechs der 15 Personen zu, die die Behörde gestern Nacht überraschend aus dem Bett geholt hat. Die übrigen waren Familien, deren Duldungen die Behörde unmittelbar vor der Abschiebung widerrief.
Bei Gülten H. und ihren vier Kindern standen MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde zusammen mit PolizistInnen nachts um drei Uhr vor der Wohnung in Harburg. Die Familie sei vollkommen ahnungslos gewesen, berichtet Pastorin Friederike Raum-Blöcher, die Gülten H. seit langem betreut hat und unmittelbar nach dem Abschiebeversuch von einer Tochter benachrichtigt worden ist. „Die Kinder sind alle in Hamburg geboren und aufgewachsen“, sagt die Pastorin, die schockiert darüber ist, dass die Ausländerbehörde darauf keine Rücksicht nimmt. Auch habe die Mutter in der Türkei keine Chance auf eine Arbeit zum Verdienst des Familienunterhaltes. Aus Krankheitsgründen ist sie seit über einem Jahr arbeitsunfähig.
Amtsleiter Bornhöft bestätigt, dass eine Vorerkrankung der Frau, die am Flughafen einen Schwächeanfall erlitten hat, bekannt gewesen sei. Deshalb sollte sie bei der Abschiebung von einem Arzt begleitet werden.
Auch die 27-jährige Yetes P. hat nichts ahnend die Tür geöffnet, als die Abschieber morgens um sechs Uhr bei ihr geklingelt haben. „Sie hatte noch für einen Monat eine Duldung“, erzählt ihr Lebensgefährte K. „Wir dachten, ehe sie irgendwann fliegen muss, bekommt sie zumindest noch eine Woche Zeit, ihre Sachen zu packen.“
Schon in der Vergangenheit war der Ausländerbehörde die Ausweisung von AusländerInnen Gold wert. Der Höhepunkt dürfte die Abschiebung des Liberianers Bestman Johnson gewesen sein. Der wurde im September 2000 mit einer Chartermaschine, für die die Behörde rund 35.000 Euro gezahlt hatte, außer Landes gebracht – als einziger Passagier.