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Archiv-Artikel

Sorgenfrei wachsende Drehscheibe

Halbjahresbilanz von Hamburg Hafen Marketing: Beim Containerumschlag ist die Hansestadt der Wachstums-Primus in Europa. Und damit dies auch so bleibt, muss die Fahrrinne der Unterelbe ganz dringend noch tiefer gelegt werden

Von Markus Jox

Jürgen Sorgenfrei war der personifizierte Superlativ. Die Zahlenkolonnen und Wortkaskaden über den boomenden Hamburger Hafen perlten gestern auf der halbjährlichen Bilanzpressekonferenz derart überschäumend aus dem Munde des Marketingchefs, dass man mit dem Mitschreiben kaum nachkam. Beim Containerumschlag, so der Vorstand von „Hamburg Hafen Marketing“ (HHM), gelte es für das erste Halbjahr 2004 bereits ein Wachstum von 15,9 Prozent zu verzeichnen (siehe Kasten) – mit dieser Rate sei Hamburg europaweit Spitze. Ursachen für den Rekord-Wert seien insbesondere das Geschäft mit Fernost, also vor allem China, und dem Ostseeraum.

Der Wettbewerbshafen Antwerpen liege nur bei 14,9 Prozent Wachstum, Rotterdam bei 12 Prozent – und die Bremischen Häfen, nun ja, bei 2,7 Prozent. „Von 35 Containerlinien zwischen Nordeuropa und Asien laufen 28 direkt Hamburg an“, berichtete Sorgenfrei stolz. Der Containerverkehr Hamburgs mit den baltischen Staaten sei um 32,9 Prozent gewachsen, mit Polen um 45 Prozent. Selbst die Nordamerikaverkehre, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingebrochen waren, wüchsen „wieder deutlich an“.

Der Hamburger Hafen habe aufgrund seiner „hervorragenden geografischen Position eine „Drehscheibenfunktion“ für die „Verkehre aus den Wachstumsregionen“, so der HHM-Chef. Hamburg verfüge über einen „in Europa einmaligen Verkehrsträger-Mix, der den reibungslosen Weitertransport per Küstenschiff, Eisenbahn, LKW und Binnenschiff“ ermögliche.

Mit der Umsetzung des nach dem 11. September neu eingeführten ISPS-Code der Internationalen Schifffahrtsorganisation, der weltweit Sicherheitsmaßnahmen für Hafenanlagen und Seeschiffe vorschreibt, habe man keine Schwierigkeiten gehabt, sagte Sorgenfrei. Der ISPS-Code gelte für etwa 65 Hamburger Hafenanlagen – wobei „die Intensität der Gefahrenabwehrmaßnahmen auf Grund der individuellen Schwachstellenanalyse völlig unterschiedlich, aber in jedem Falle erforderlich und angemessen“ ausfalle.

Eine weitere Elbvertiefung, im Hafenbürokratendeutsch „Fahrrinnenanpassung der Unterelbe“ genannt, sei angesichts der boomenden Containerschifffahrt unverzichtbar, betonte Sorgenfrei. Seit dem bislang letzten Ausbaggern 1999 sei der Containerverkehr über Hamburg „explosionsartig“ um rund 60 Prozent gestiegen. Zudem müsse die Elbe auch künftig für die größten Einheiten in der Handelsschifffahrt befahrbar bleiben.

Laut Wolfgang Hurtienne, bei der Wirtschaftsbehörde zuständig für Hafenplanung, rechnet die Stadt für Ende 2006 oder Anfang 2007 mit den ersten Baumaßnahmen für eine Elbvertiefung von 13,5 auf 14,5 Meter. Derzeit verhandle man mit dem Bund über die endgültige Aufnahme des Vorhabens in den Bundesverkehrswegeplan.

Der Behörden-Mitarbeiter bezeichnete „die richtige Mischung von Umschlags- und Dienstleistungsangeboten sowie den zeitgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“ als „entscheidende Erfolgsfaktoren des Hafens“. Die Strategie der Entwicklung des Hafens „zum logistischen Zentrum“ werde weiterverfolgt, sagte Hurtienne und verwies auf das Hinterland des neuen Containerterminals Altenwerder, wo derzeit ein 58 Hektar großes Güterverkehrszentrum entstehe.

Auch die „schon länger existierende Keimzelle auf der Dradenau“ solle fortentwickelt werden. Als „langfristiges Hafenerweiterungsgebiet“ bezeichnete Hurtienne schließlich Moorburg südlich Altenwerder. Dort sei man gerade dabei, „Betroffenheiten und Konstellationen zu bedenken“.