SELLAFIELD MACHT DICHT, DOCH DIE ENDLAGERUNG BLEIBT UNGEKLÄRT : Atommüll ohne Zukunft
Die Schließung der Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield ist begrüßenswert, sie ist überfällig. Von umweltpolitischen Aspekten hat sich die britische Regierung allerdings noch nie leiten lassen. Die Entscheidung gegen „Thorp“ ist aus finanziellen Gründen gefallen: Die Anlage ist von Anfang an ein ökonomischer Albtraum gewesen.
Das Aus für „Sellafield“ löst freilich nicht das Problem, das die Briten mit ihren Unmengen von Atommüll haben. Auf dem knapp zehn Quadratkilometer großen Gelände mit 400 Gebäuden lagern tausende von Kubikmetern hochradioaktiven Materials – manche in offenen Teichen, aus denen verseuchtes Wasser leckt und in denen Möwen schwimmen. Die Irische See zwischen Großbritannien und Irland ist dank Sellafield das radioaktiv verseuchteste Gewässer der Welt. Und die britische Regierung hat keinen Plan, was mit dem ganzen Atommüll geschehen soll.
Jetzt soll die Wiederaufbereitung der Brennstoffe durch ihre Einlagerung ersetzt werden. Ausgerechnet die British Nuclear Fuels (BNFL) will die Müllabfuhr der Atomindustrie werden, um die Verluste, die das Unternehmen mit der Produktion des Mülls gemacht hat, durch dessen Beseitigung auszugleichen. Dieses Ansinnen ist unverfroren. BNFL hat seit der Übernahme von Sellafield 1971 geschlampt und die Sicherheit vernachlässigt, um Geld zu sparen. Das Unternehmen war mehr an kosmetischen Tricks interessiert: So hat sie Windscale in Sellafield umbenannt, weil der alte Name nach vielen Unfällen und Skandalen so belastet war wie die Umwelt.
BNFL sorgte dafür, dass der Ruf des neuen Namens binnen kürzester Zeit ebenfalls ruiniert war. Noch vor vier Jahren hat die Firma Sicherheitsberichte gefälscht, um den Ausschuss bei der Brennstoffproduktion möglichst niedrig zu halten. Dieses Unternehmen ist zu allem bereit, um seine marode Bilanz aufzubessern. Freude mag da nicht aufkommen, wenn die Einlagerung auf unbestimmte Zeit ein ebenso rein ökonomisches Unterfangen ist wie die Aufarbeitung, die jetzt so vollständig gescheitert ist. RALF SOTSCHECK