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Archiv-Artikel

Kanzlerbrief? „Da ist Kreativität gefordert“

Was ist der Kanzlerbrief wert? Ist Bremen noch zu retten? Fragen an die SPD-Finanzpolitikerin Cornelia Wiedemeyer

Dem früheren Bremer Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) wird vorgeworfen, dass er sich um die Einlösung des Kanzlerbriefes aus dem Jahre 2000 in den letzten Jahren nicht gekümmert hat. Jetzt hat die Bundesregierung alle überrascht mit der Feststellung, von Bremen geforderte 589 Millionen Euro pro Jahr würden nicht als Forderung anerkannt. Perschau rechtfertigte sich mit dem Satz: „Über diese sensiblen Gespräche (mit dem Kanzler, d.Red.) kann ich doch nicht im Ernst mit Herrn Eichel beraten.“taz: Hat Perschau Recht?

Cornelia Wiedemeyer, SPD: Es ist ein Kanzlerbrief und deshalb wird es Verhandlungen geben auf der Ebene Scherf und Schröder. Aber auf der Fachebene muss natürlich vorgearbeitet werden und hier hat Herr Perschau große Versäumnisse. Die letzten Jahre war Funkstille. Er hat uns immer den Kanzlerbrief vorgelegt und gesagt: Da buchen wir drauf. Er hat aber nichts dafpr getan, dass diese Forderungen Bremens im Finanzministerium auch anerkannt werden.

In der Berliner Finanzplanung sind Ausgaben dafür nicht vorgesehen.Das ist nicht verwunderlich. Wenn wir uns erinnern an die letzten Sanierungsverhandlungen. Den zweiten Nachschlag hat es unter Oskar Lafontaine dann urplötzlich gegeben. Der Bund ist in einer sehr misslichen Haushaltslage und dass die nicht freudestrahlend schon mal Geld für Bremen einplanen, muss man verstehen.

Nun hat die Bundesregierung die bekannte Position des Finanzministers übernommen. Hat Sie das überrascht?Dass das in der Deutlichkeit so erklärt wurde – ja. Ich weiß, dass das Rathaus in Verhandlungen steht und gehe davon aus, dass wir zum Ende 2005 den Bund überzeugen können, dass wir als Bremer alles gemacht haben zur Erfüllung unserer Sanierungsauflagen. Man wird dann Mittel und Wege finden, diesen Kanzlerbrief einzulösen. Dass das nicht einfach wird, ist klar.Hat nicht die Bundesregierung jetzt klar erklärt, dass sie das nicht zahlen wird? Was soll die Bundesgierung auf eine öffentliche Anfrage derzeit anderes erklären? In der letzten offiziellen Antwort von Schröder vor einem Jahr hieß es zumindest allgemein, dass Kanzler-Zusagen eingelöst werden. Davon ist heute keine Rede mehr.Und die Zusage lautete, das ein erneutes Abgleiten in eine Haushaltsnotlage verhindert werden soll. Das stimmt, dieser Satz fehlt. Aber man muss sehen: Es sind äußerst sensible Verhandlungen, die da geführt werden müssen. Unsere Aufgabe ist, den Bund und die anderen Länder davon zu überzeugen, dass diese Steuerausfälle nicht von uns zu verantworten sind. Die anderen Bundesländer werden sagen: Wir haben auch Mindereinnahmen durch die Steuerreform.Deswegen sind es schwierige Verhandlungen, bei denen der Bund auf eine öffentliche Anfrage nichts antworten kann. Sonst würden sich alle anderen sofort auch kommen. Dass bedeutet: Sie sind einigermaßen gelassen?

Naja, ich vertraue auf die Zusagen, die wir haben. Aber das wird kein Zuckerschlecken sein.Das Dramatische ist doch, dass diese Summe nicht nur im Jahre 2005 fehlt, sondern auch in den folgenden Jahren.

Ja.

Und? Steht im Kanzlerbrief, dass das alles ausgeglichen wird?Nein, das steht das da nicht drin. Da steht, dass ein erneutes Abgleiten in eine Haushaltsnotlage vermieden werden soll. Eine Unterstützung muss ja nicht unbedingt so aussehen, dass man sich einen Scheck abholt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Investitionszuschüsse erfolgen. Als Bremerhaven Schwierigkeiten hatte, da hat das Land Schulden der Kommune übernommen. Warum soll so etwas nicht zwischen Bremen und Berlin möglich sein? Da ist viel Kreativität gefordert. Interview.: K. Wolschner