Polizeiliche Handlungsanweisung in der Kritik

Polizei-Strategiepapier zur Vertreibung von Obdachlosen und Alkoholikern aus der Hamburger City sorgt weiter für schwarz-grünen Koalitionskrach. Ein Gespräch wurde ohne Ergebnis vertragt. Die Opposition verlangt Aufklärung

Das Polizei-Strategiepapier zur Vertreibung von „Randgruppen“ wie Obdachlosen, Punks und Alkoholikern aus der Hamburger City, das nach Auffassung der mitregierenden Grünen gegen den Koalitionsvertrag verstößt, sorgt weiter für Zündstoff in der Hansestadt. Ein von der innenpolitischen Sprecherin der GAL, Antje Möller, durchgesetztes Gespräch mit CDU-Innensenator Christoph Ahlhaus, ist am Montagmorgen ohne Ergebnis verlaufen. „Die Zeit war zu kurz, wir haben uns auf Mittwoch vertagt“, sagte Möller der taz. „Nur soweit: Die Diskussion ist strittig.“

Wie berichtet gibt das Geheimpapier „für das Einschreiten gegen Personen und Personengruppen“ im Innenstadt-Bereich des Großstadtreviers 14 detaillierte Handlungsanweisungen. Diese beschreiben, wie mit Identitätsfeststellungen, Platzverweisen und Ingewahrsamnahmen unliebsame Personen vertrieben werden könnten, wenn diese „exponierte Örtlichkeiten“ und „touristische Sehenswürdigkeiten“ in Anspruch nehmen. Selbst das City-Management der Einzelhändler, das gern nach Säuberung ruft, sieht das zurzeit nicht als Problem.

Die Oppositionsfraktionen von SPD und Linkspartei verlangen in kleinen Bürgerschaftsanfragen Rechenschaft über die Urheberschaft des Papiers. Die Linke forderte überdies die Innenbehörde auf, das Handlungskonzept sofort aus dem Verkehr zu ziehen. „Die ,Handlungsanweisung‘ ermächtigt Polizisten, willkürlich unliebsame Personen und Personengruppen aus der Innenstadt zu vertreiben“, schimpfte der Innenpolitiker Christiane Schneider. „Heute Obdachlose, Bettler und Punks, morgen andere Jugendgruppen, die nichts ins Bild der Flanier- und Shoppingmeilen passen.“ Dabei würden die Grundrechte für alle gelten und könnten nicht beliebig aufgehoben werden.

Auf die wachsende soziale Spaltung dürfe nicht mit immer härterer Ausgrenzung und immer mehr Polizeibefugnissen reagiert werden, sagte Schneider. Die Linke forderte den Senat auf, die von Verarmung Betroffenen „nicht zu stigmatisieren und zu kriminalisieren“.

Auch die Grüne Jugend ist entsetzt. „Die Anweisung, bestimmte Personengruppen aufgrund ihres Aussehens zu verweisen, ist diskiminierend“, sagte Hamburgs Landeschefin Jennifer Broocks. Ordnungswidrigkeiten könnten schon bisher ausreichend verfolgt werden, so Broocks. „Ein solches Vorgehen dient der Schaffung eines von Gewerbetreibenden gewollten Stadtbildes.“ KAI VON APPEN