Sachsen wird heiß

Umweltamt bestätigt Klimawandel in der Region: Binnen 40 Jahren wird es bis zu 4 Grad wärmer

„Dresden könnte womöglich schon bald das Klima von Freiburg haben“

DRESDEN taz ■ Nun haben wir zumindest landesregierungsamtlich, was Klimaforscher schon einige Jahre mit erhobenem Zeigefinger verkünden: Es wird im mitteldeutschen Raum um 2 bis 4 Grad heißer werden in den nächsten 40 Jahren. Nachdem der Thüringer Umweltstaatssekretär Stefan Baldus bereits im Juni vor einem schnellen Klimawechsel gewarnt hatte, gaben gestern das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie und das Umweltministerium gemeinsame Einsichten bekannt.

Eine Arbeitsgruppe des Landesamtes hat zwei Jahre geforscht und war durch den Rückgang der Regenmenge auf 62 Prozent des Durchschnitts in diesem Jahr zusätzlich alarmiert worden. Amtspräsident Michael Kinze sagte eine Abnahme der jährlichen Frosttage um 30 und eine Zunahme der Sommertage um 15 voraus. „Dresden könnte bald das Klima von Freiburg haben.“ Das Erzgebirge wird wegen der zunehmenden Südwestwinde immer mehr als Regenbarriere fungieren. Starkregen kann lokal begrenzt häufiger auftreten und ist schwer vorhersagbar, während lang anhaltender Landregen zur Ausnahme wird. Dazwischen dürften längere und häufigere Trockenperioden als bisher liegen. Kinze erwartet auch erhöhte Gesundheitsbelastungen durch Ozonkonzentration, Feinstaub und vermehrte Mücken- oder Zeckenplage, weil sich deren Brutbedingungen verbessern.

Sachsens Umweltminister Steffen Flath (CDU) wollte gestern nicht über die Ursachen des Klimawandels diskutieren, zu denen Sachsen mit seiner forcierten Braunkohleverstromung ja zumindest beiträgt. Das ebenfalls CDU-regierte Thüringen immerhin hat eine Erhöhung des Anteils regenerativer Energien auf 5 bis 7 Prozent bis 2010 auf seine Agenda gesetzt.

Der Bundesverband Braunkohle gab inzwischen stolz bekannt, den Wirkungsgrad der Kraftwerke von 31 Prozent im Jahre 1957 auf heute 43 Prozent gesteigert zu haben. Der Einfluss der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre wird als unbewiesen dargestellt.

Flath nimmt die globale Erwärmung zunächst einmal als unabänderlich hin. Möglicherweise hat er auch von Untersuchungen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung gehört, das auf einen seltsamen und möglicherweise außerirdisch verursachten Klimazyklus von 1.470 Jahren aufmerksam geworden ist. Als Pragmatiker setzt der Minister eher auf eine Senkung des Energieverbrauchs, der nach seiner Meinung in den Haushalten auf die Hälfte reduziert werden könne. Eine Reaktion auf die Erwärmung dürfe jedenfalls nicht im Bau von herkömmlichen Klimaanlagen bestehen. Flath verwies auf intelligentere natürliche Kühlmethoden beim Hausbau.

Um die Ressource Wasser als Bodenfeuchte wird ein zunehmender Kampf entbrennen. Der Waldumbau muss das beachten. Anspruchsvolle Laubwälder werden sich zugunsten einer Art Trockenwald mit Kiefern, Eichen und Robinien zurückziehen. Bauern sollten bodenschonende Mulchsaaten bevorzugen. „Ich befürchte, dass das dritte Dürrehilfeprogramm in den letzten vier Jahren einmal das letzte des Bundes sein könnte“, warnte Flath. Außerdem deute sich ein Zögern der Banken bei der Kreditvergabe an die sonst ausgesprochen vertrauenswürdigen Landwirte an.

„Investitionen in Skilifte der Mittelgebirge lohnen wohl kaum“, meinte Michael Kinze vom Landesumweltamt. Minister Flath stellte dem aber einen wachsenden Schönwettertourismus gegenüber. Noch einigen Trost mehr wusste der Minister zu spenden. Der Qualität des Elbtalweins sei die Entwicklung sicher förderlich, und Pfirsiche könnten in Sachsen auch vermehrt reifen. Schließlich empfahl er Arbeitgebern, Angestellten ein kleines Hitzefrei-Büroschläfchen um die Mittagszeit zu erlauben. MICHAEL BARTSCH