: Statt der Investoren kommen die Protestler
Ein geplanter Korridor zur Industrialisierung Zentralamerikas schafft grenzüberschreitende Gegenbewegung
MEXIKO taz ■ Vicente Fox hatte einen Traum: von Puebla, einer Provinz südlich von Mexiko-Stadt bis nach Panama möge ein Industrialisierungskorridor dem unterentwickelten Südmexiko und seinen mittelamerikanischen Nachbarn Entwicklung und Prosperität bescheren. 2001 präsentierte der mexikanische Präsident seinen „Plan Puebla Panama“ (PPP) markig als „Entwicklungspol von Weltklasserang in Lateinamerika“.
Vor allem die rund 10 Millionen Hektar ungenutzte Naturschutzgebiete, die einen verlockenden Reichtum an Süßwasser und Hölzern, Öl und Biodiversität bietet, sollen für „nachhaltige“ Industralisierung und ausländische Investoren erschlossen werden. Die acht beteiligten Regierungen hätten sich vor allem um die Infrastruktur zu kümmern – Fernstraßen und Stromnetze, Staudämme, Schienen und Flughäfen, aber auch Schulen und Gesundheitszentren.
US-amerikanische Ökomultis wie der World Wildlife Foundation und Conservation International werben für Ökotourismus, Naturschutz und Wiederaufforstung. Doch trotz aller soften Rhetorik ist das Ziel, wie es der ehemalige PPP-Koordinator Florencio Salazar freimütig formulierte, „Mesoamerika als Empfänger für privates Kapital konsolidieren“.
Doch entwickelt hat sich seitdem vor allem eines: die Proteste. Während ausländische Investoren sich bislang – vor allem wegen politischer Unwägbarkeit – zurückhalten und auch öffentliche Gelder aufgrund der leeren Kassen eher spärlich fließen, ist der PPP zum Katalysator für eine grenzüberschreitende Bewegung geworden. Seit über zwei Jahren mobilisieren Bauern, Indiogruppen und Ökoaktivisten gegen den Plan. Kein einziges Treffen in der Region vergeht ohne einen Aufruf zum Widerstand gegen „neoliberalen“ Ausverkauf von Land und Leuten.
Kritiker warnen vor der Biopiraterie in der mesoamerikanischen Tier- und Pflanzenwelt. Viele der indigenen Gruppen fühlen sich durch Investitionspläne in der Biobranche, durch Monokulturen, Tourismusprojekte und den Ausbau der Wasserkraft in ihren Lebensgrundlagen bedroht. Wie etwa am Grenzfluss Usamacinta zwischen Mexiko und Guatemala, wo für fünf Staudammprojekte allein 700 Quadratkilometer überflutet werden sollen. Die Siedler, viele von ihnen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Guatemala, fürchten nun eine erneute Vertreibung.
Schien der ehrgeizige Fox-Traum bis vor kurzem aufgrund des mangelnden Zuspruchs von Bevölkerung und Investoren eine Kopfgeburt zu bleiben, so verkündete Außenminister Luis Ernesto Derbez kürzlich, dass man den Plan nun „neu auflegen“ wolle. Betroffene Gruppen sollen dabei nun „stärker als bisher“ konsultiert werden. Doch dafür ist es offenbar längst zu spät. „Wir bleiben bei unserem Nein“, antwortete die Mexikanische Allianz für die Selbstbestimmung der Völker (Amap) auf eine Einladung zu einem regierungsamtlichen „Forum der Reflektion“ über Frauen- und Umweltfragen. ANNE HUFFSCHMID