piwik no script img

Archiv-Artikel

sozial-statistik Besser arm

Die neuen Zahlen zu Sozialhilfeempfängern geben Einblicke ins Privatleben. Klar gibt es allgemeine Trends: In Mönchengladbach sind die ehemaligen Textilarbeiterinnen auf Unterstützung angewiesen, in Gelsenkirchen wandern die letzten Arbeitgeber in den Osten ab, Hagen verlor Brandt. Das ist so alt wie uninteressant.

KOMMENTAR VONANNIKA JOERES

Entscheidender sind die vermeintlich privaten Gründe, die Mönchengladbach an die Spitze der Statistik katapultieren und Olpe an den Schluss. Mönchengladbacherinnen trennen sich überdurchschnittlich oft vom Ehemann und sind in der Folge häufig alleinerziehend. Sie können nicht arbeiten und gleichzeitig ihre nörgelnden Kinder füttern, behüten und betüddeln. Ohne Ganztagsschulen und Kleinkinderbetreuung bleibt nur noch der Weg zum Amt. Das ist rückschrittlich, sollte aber auch die Olper nicht feixen lassen. Hier floriert die Wirtschaft, aber auch Scheidungen sind in der katholischen Stadt wesentlich seltener. Aber sind dort, in der heimeligen 25.000-EinwohnerInnen-Stadt am Biggesee die Ehen glücklicher? Unwahrscheinlich. Gewalt in der Ehe und zermürbende Streitigkeiten machen vor dem grünen Land keinen Halt, das zeigen Statistiken von Frauenhäusern. Oft ist es der Dorf-Druck, der Frauen bei ihren Partnern hält und vor der Sozialhilfe bewahrt. In Städten sind Frauen eher dazu bereit, auch unter schlechtesten Bedingungen die Beziehung aufzukündigen. Das ist trotz Sozialhilfe ein Fortschritt.