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Archiv-Artikel

Fischer bleibt Deutscher

Bundesaußenminister Fischer verzichtet auf europäische Ambitionen und will zusammen mit dem Kanzler Schröder bei den Bundestagswahlen 2006 erneut antreten: Grüne: „Gut für Deutschland“

BERLIN taz ■ Joschka Fischer hat seine Europapläne offenbar aufgegeben. Nach monatelangen Spekulationen, der deutsche Außenminister wolle erster Außenminister der Europäischen Union werden, steht jetzt fest: Der Grünenpolitiker will 2006 gemeinsam mit dem SPD-Vorsitzenden und Kanzler Gerhard Schröder in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen. Das bestätigten der taz gestern Quellen in der Regierung sowie in der grünen Bundestagsfraktion. „Ich freue mich natürlich“, sagte die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, der taz. Fischers Entscheidung sei „gut für die Grünen, gut für das Land“.

Auch in der Bundesregierung wurde am Donnerstagabend kein Hehl mehr daraus gemacht, dass nach Schröder nun auch Fischer seine Absicht erklärt hat, erneut in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. „Er tritt an“, sagte eine Quelle. Zuvor hatte es ein Gespräch zwischen dem Kanzler und seinem Vize gegeben. Unklar war zunächst lediglich, ob Fischer dabei seinem Chef bereits einen Entschluss mitteilte oder Schröder seinen Vize für eine gemeinsame Kampagne zur Wiederwahl gewann. Fischers Sprecher Walter Lindner erklärte jetzt, sein Minister habe immer betont, dass er gern deutscher Außenminister sei. Zu den Plänen für ein gemeinsames Ticket Schröder/Fischer 2006 sagte Lindner: „Wir dementieren nicht.“

Schröder hatte bereits am Wochenende signalisiert, dass er eine dritte Amtszeit anstrebt. Fischers Haltung dazu galt bisher als völlig offen. Noch am gestrigen Nachmittag hatte der Bundeskanzler in einem Interview mit RTL zu den Ambitionen des Grünen erklärt, dieser werde persönlich mitteilen, ob er nach Brüssel wechseln wolle. Fischer habe das „Recht des ersten Wortes“.

Vertraute des Außenministers bestätigten gestern, dass er tatsächlich lange unentschieden war, welchen Reiz das Amt eines EU-Außenministers hätte. Ein Fischer-Kenner sagte der taz: „Er war wirklich im Kopf noch nicht entschieden: Soll er oder soll er nicht?“ Offen bleibt vorerst, was den bekannt ehrgeizigen Politiker von einem Wechsel nach Brüssel abhielt: Die Hoffnung, an der Seite Gerhard Schröders mit einer dritten Amtszeit Geschichte zu schreiben – oder die Befürchtung, der Wechsel auf die EU-Ebene könnte scheitern. An Hürden mangelte es nicht. Zwar war das öffentliche Echo in vielen EU-Staaten auf Fischers Ambitionen wohlwollend. Doch war bislang noch weitgehend unklar, ob das Amt in Brüssel rechtzeitig für Fischer eingerichtet wird – und mit Kompetenzen ausgestattet ist, die es attraktiv machen. Im Übrigen gilt: Trotz der gestrigen Ankündigung ist ein Wechsel Fischers nach Brüssel natürlich weiter möglich.

PATRIK SCHWARZ