Ein Trauma treibt Turbine

Das jüngste Frauen-Bundesliga-Team auf Titeljagd: Nach drei Vizemeisterschaften in Folge sind die Qualitäten von Turbine-Potsdam-Trainer Bernd Schröder als Motivator überflüssig geworden

aus Potsdam KATHARINA SCHNURR

Laufen. Immer Laufen. Wieder und wieder. Laufen für den Erfolg. Bernd Schröder lässt sie laufen, die Fußballerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam – immer wieder dieselbe Strecke. Freudig erdulden sie die Strapazen. Der Trainer muss in dieser Saison kein großer Motivator sein. Die jüngste Mannschaft der Liga ist nach der knapp verpassten Meisterschaft „heiß auf den Titel“, sagt Schröder.

Und das ist nicht gerade selbstverständlich, denn „Traumatisches“ hatte sich am Ende der vergangenen Saison zugetragen. Rückblende: Erst das dramatische 0:0 im letzten Saisonspiel bescherte dem 1. FFC Frankfurt nicht nur den vierten Titel in Folge, sondern den Potsdamerinnen zum dritten Mal die bittere Erfahrung, den Sprung auf den Fußballthron knapp zu verpassen. „Wir waren so nah dran wie nie“, erinnert sich Schröder, „nur ein verflixter Punkt hat uns zum großen Triumph gefehlt.“

Der Titel soll nach drei Vizemeistertiteln in Folge nun endlich her, denn etwas anderes „würde uns eh keiner glauben“, so Schröder. Deshalb heißt es im Training derzeit vor allem: Laufen. Denn: „Wir müssen etwas tun, um unser Ziel zu erreichen.“

In der noch jungen Saison läuft bei Turbine auch alles nach Plan: zwei Spiele, zwei Siege. Der nächste soll bereits morgen folgen. Dann nämlich kommt der FC Bayern München ins Karl-Liebknecht-Stadion nach Potsdam. Ein brisantes Duell, denn Potsdam spielt nicht nur gegen die Bayern, sondern auch für den Frauenfußball im Osten. Wermutstropfen: Die Potsdamerinnen haben den Ausfall von gleich vier Nationalspielerinnen zu verkraften, die bei einem DFB-Vorbereitungslehrgang für die im September anstehende Weltmeisterschaft weilen.

Auch wenn durch die Lehrgänge des DFB die Mannschaft häufig dezimiert trainieren muss, sind die Erfolge der Nationalspielerinnen für Schröder wichtig: „Je stärker Deutschland bei der WM spielt, desto leichter ist es auch für uns, Sponsoren zu finden.“ Und zahlungskräftige Sponsoren sind unabdingbar für den Saisonetat von 320.000 Euro. In Potsdam sind diese derzeit jedoch rar gesät. Zu viele große Vereine gibt es in der Region, „die natürlich genau wie wir Unterstützung brauchen“. Deshalb setzt Schröder vor allen Dingen auf den sportlichen Erfolg, denn der, da ist er sich sicher, „würde Turbine Potsdam den einen oder anderen neuen Sponsor bescheren“. Einen deutschen Meister unterstützten Firmen schließlich lieber als einen Vizemeister.

Derzeit hofft Schröder auch auf die Rückkehr seiner „Vorzeigespielerin“ und Torjägerin Conny Pohlers. Diese belegte in der amerikanischen Profiliga in dieser Saison mit Atlanta Beat den zweiten Platz. Die unterlagen erst nach Verlängerung im Finale dem mit den Deutschen Sandra Minnert, Steffi Jones und Jennifer Meier angetretenen Washington Freedom mit 1:2. Für die 20-jährige Deutsche dennoch ein großer Erfolg. „Eine Potsdamerin“, lächelt Schröder, „ist wohl dazu geboren, immer nur Vizemeister zu werden.“

Allerdings: Ein weiterer Vizemeistertitel wäre wohl zu viel des Guten. „Dann können wir uns eingraben“, so die klare Aussage Schröders. Damit dies nicht mehr geschieht, trainiert Turbine fünf Mal die Woche. Ein eindeutiges Zeichen für die Professionalität, die auch im Frauenfußball immer wichtiger wird. Vor allen Dingen die Spitzenmannschaften der Liga sind längst dazu gezwungen. Nur durch ein professionelles Umfeld könne ein Verein auch sportliche Höchstleistungen bringen. Sei dies nicht gegeben, könne „man einpacken“.

Um auf Dauer um die Meisterschaft mitspielen zu können, setzt der derzeit einzige Ostbundesligist auf eine verstärkte Jugendarbeit. Das „Potsdamer Modell“ bietet talentierten Mädchen die Möglichkeit, sich unter professionellen Bedingungen auf die Bundesliga vorzubereiten. Eine Investition, die sich auszahlt: Gerade mal 22 Jahre ist das Durchschnittsalter des Teams. Trotzdem glaubt Schröder schon heute fest daran, dass seine „Mannschaft, die Zeit und der Osten reif für den Titel sind“.

Nach zehn Jahren und drei verpassten Meisterschaften in der Eliteliga ein verständlicher Wunsch. Denn sollte es in dieser Saison wieder nicht klappen, dann endlich wäre wohl doch der Motivator Schröder gefragt.