: Falscher Terroralarm wegen alter Informationen?
Die US-Presse berichtet von alten Erkenntnissen als Grundlage für die jüngste Anschlagswarnung. Bush kündigt Geheimdienstreform an
WASHINGTON dpa ■ Die US-Regierung hat nach amerikanischen Presseberichten aufgrund jahrealter Informationen die jüngsten Warnungen vor Terroranschlägen auf US-Finanzzentren gegeben. Wie die New York Times gestern unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichtete, handelt es sich um drei bis vier Jahre alte Erkenntnisse. Nichts deute darauf hin, dass im Augenblick ein Anschlag geplant sei. Allerdings schränkten die Geheimdienstmitarbeiter ein, dass das Terrornetzwerk al-Qaida oft erst Jahre, nachdem es Objekte ausgespäht habe, zuschlage.
Die US-Regierung hatte am Sonntag neue Terrorwarnungen gegeben und danach die Sicherheitsvorkehrungen für die Gebäude der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington sowie die Börse und mehrere Bankgebäude in New York und Newark (New Jersey) erheblich verstärkt. Kritiker hatten der Regierung vorgeworfen, die Warnung aus wahltaktischen Gründen gegeben zu haben.
Vor den Presseveröffentlichungen hatte Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Anhebung der Alarmstufe gerechtfertigt. Die Geheimdienstinformationen hätten sich von allem, was sie bisher gesehen habe, unterschieden, sagte sie am Montag im NBC-Fernsehen. Die Hinweise seien in den vergangenen Tagen zudem präziser geworden. Am Montag waren die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Capitol in Washington nochmals erhöht worden. Auf den den umliegenden Straßen wurden Kontrollpunkte eingerichtet.
Ebenfalls am Montag kündigte Präsident George W. Bush eine Geheimdienstreform an – elf Tage nach dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission zu den Anschlägen vom 11. September 2001. Ein oberster Direktor soll die Dienste koordinieren, ein Zentrum für Terrorismusbekämpfung Anschläge verhindern. Die jüngsten Warnungen vor Terroranschlägen auf die US-Finanzzentren seien eine „ernste Erinnerung an die anhaltende Bedrohung, mit der wir konfrontiert sind“, sagte Bush in Washington. „Wir sind eine Nation in Gefahr.“
Das neue Antiterrorismuszentrum soll nach den Worten von Bush als Datenbank für alle relevanten Informationen dienen sowie Analysen erstellen und die Antiterroraktivitäten der US-Behörden koordinieren helfen. Der künftige vom Präsidenten berufene Geheimdienstdirektor, der keinen Kabinettsrang haben werde, soll „der erste Geheimdienstberater des Präsidenten sein und die in- und ausländischen Aktivitäten der Dienste überblicken und koordinieren“. Der Auslandsgeheimdienst CIA bleibe aber unter der Führung des CIA-Direktors.
Bush folgt mit der Reform der Geheimdienste weitgehend den Empfehlungen der Untersuchungskommission zum 11. September. Die Kommission des US-Kongresses hatte den Geheimdienst CIA und die Bundeskriminalpolizei FBI wegen mangelnder Kooperation und fehlender Analysen kritisiert und eine Neuordnung der Geheimdienstarbeit gefordert.