: Wahrnehmung und Täuschung
In „Looking back forward“ geht es um die Geschichte der Kölner KAOS-Galerie, die bis 1997 „schrägen Vögeln“ eine Heimat bot. Hauptbestandteil der Ausstellung sind aktuelle Arbeiten der KAOS-Künstler
von Oliver Minck
Kämpfen die oder haben die Sex? Welche Assoziationen Bohrmaschinen so alles wecken können. Vor allem dann, wenn man zwei Exemplare an den Spitzen verkeilt und zum Kräftemessen gegen einander antreten lässt. Anschauen kann man sich dieses „Kinetische Readymade“ des Künstlers Ferdinand Bütgen auf Video im Rahmen der Ausstellung „Looking back forward“, die noch bis zum 10. August im Kölner KunstWerk läuft.
Analog zum Titel der Ausstellung geht es zugleich um die Aufbereitung von Geschichte und um einen Blick nach vorne. Genauer gesagt um die Geschichte der legendären KAOS-Galerie auf der Genter Straße, die bis 1997 „Spielern, schrägen Vögeln und Vertretern der Spaßguerilla“ eine Heimat bot, bevor Marianne Tralau, die Chefin der Galerie, nach Norddeutschland zog und den Laden dicht machte. KAOS bedeutete neben Kunst aber auch „anderes Fernsehen“: Unter der Regie von Peter Kleinert entstand eine Vielzahl kritischer und unbequemer Reportagen und Dokumentationen, die vor allem der politischen Aufklärung dienen sollten. 2001 zog sich auch Kleinert zurück.
Der Kölner Künstler Tom Koesl hat sich nun dem gesamten Oevre angenommen und das „KAOS Kunst- und Videoarchiv“ gegründet. Über eine Homepage verleiht er die damals entstandenen Filme und Künstlervideos und hält die Geschichte von KAOS am Leben. Einige der Videos kann man sich auch bei „Looking back forward“ ansehen.
Doch KAOS ist nicht nur Geschichte. Hauptbestandteil der Ausstellung sind nämlich ganz aktuelle Werke von KAOS-KünstlerInnen. Objekte und Installationen, die erst auf den zweiten Blick auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können: Wahrnehmung bzw. deren Veränderung und Täuschung.
Zu sehen gibt es da beispielsweise den „Steinkreis“ von Joa Iselin und Christoph Ranzenhofer, der sich als echtes Leichtgewicht entpuppt: ein Müllberg aus zerknüllten Ausgaben des Kölner Stadt-Anzeigers. Oder „Bruchlicht“ von Freddie Michael Soethout: Lichtröhren in verwinkelten Glaskästen befinden sich eigentlich auf einer geraden Blickachse. Die ist auf Grund der Reflexionen aber an keiner Stelle optisch nachvollziehbar. Interaktionsfördernd sind die kleinen schwarzen „Klangkästen“ von Erwin Stache. Öffnet man die Deckel, erklingen Geräusche, Töne und Sprachsamples. Bei reger Beteiligung entstehen so richtige Klangkonzerte. Hochinteressant auch das „Bio-Environment“ von Rolf Hinterecker: ein sich selbst überlassenes Feuchtbiotop, für das der Künstler eine Vielzahl von Terrarien durch einen Wasserkreislauf miteinander verbunden hat und die einzelnen Becken mit Pflanzen und Grasen aus seinem Teich aufgefüllt hat. „Ein Terrarium mussten wir leider schon entfernen“, berichtet Tom Koesl. „Die Faulgase rochen zu streng, und außerdem wollten wir uns hier ja nicht vergiften.“
Die Arbeiten von insgesamt 12 KünstlerInnen werden bei „Looking back forward“ gezeigt, außerdem gibt es Video-Workshops für Jugendliche, zu denen man sich noch anmelden kann.
Bis zum 10. August täglich außer Mo, 12-18 Uhr, KunstWerk, Deutz-Mülheimer-Str.127-129; www.kaos-archiv.de