: Familienstreit um Mick-Flick-Collection
„Ich kann die Ausstellung nicht gutheißen.“ Dagmar Ottmann, Schwester von Kunstsammler Friedrich Christian Flick, plädiert zuerst für die Aufarbeitung der Flick-Geschichte und dann für die Schau. Preußenstiftung wirft sie Zickzackkurs bei Projekt vor
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Dass man sich seine Familie nicht aussuchen kann und insbesondere nicht deren Geschichte, hat Friedrich Christian „Mick“ Flick schon mehrfach ex negativo – und zu Recht – zu spüren bekommen. Nun machen dem Enkel der NS-Rüstungsfabrikanten auch aktuelle Familienmitglieder bezüglich seiner für September geplanten Kunstausstellung das Leben schwer.
Mit bemerkenswerten Sätzen hat sich am Donnerstag Mick Flicks Schwester Dagmar Ottmann in einem offenen Brief in der Zeit gegen das Ausstellungskonzept ihres Bruders sowie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ausgesprochen. Entschieden plädiert sie für eine Verschiebung der neuerdings so genannten „Friedrich Christian Flick Collection“. Nach Ansicht Ottmanns dürfe die Schau so lange nicht präsentiert werden, bis die Familiengeschichte der Flicks in der Nazizeit und in den Jahren danach aufgearbeitet worden sei. Der offene Brief ist an Salomon Korn und Michael Fürst adressiert. Beide sind Mitglieder im Zentralrat der Juden in Deutschland und beide haben, wie Ottmann, ein Moratorium gefordert.
Mit ihrem Einwand, so die 52 Jahre alte Literaturwissenschaftlerin, wolle sie insbesondere zwei Dinge in die aktuelle Flick-Debatte einbringen.
Zum einen müsse klargestellt werden, dass sie und andere Familienmitglieder sich nicht der Aufarbeitung der Flick-Geschichte verweigert haben – so wie das im Falle des Bruders kritisiert worden war. So werde die „Friedrich Christian Flick Collection“ noch immer „undifferenziert“ mit dem Namen der gesamten Familie in Einklang gebracht, obwohl das Projekt allein dessen persönliche Angelegenheit sei, mit der „ich nichts zu tun habe und die ich in der jetzigen Form nicht gutheiße“, schreibt Ottmann. Denn im Unterschied zu Mick habe sie einen Millionenbetrag in den Stiftungsfonds für die Zwangsarbeiter geleistet und eine Untersuchung der Familiengeschichte in Auftrag gegeben.
Zum anderen wirft die Flick-Schwester der die Schau mitorganisierenden Preußenstiftung vor, kein Verständnis für die Vorhaltungen und Kritik von NS-Opfern an der Kunstschau zu haben. Die SPK habe sich stattdessen „beschämend“ verhalten. Zahlreiche mahnende Briefe aus dem Ausland seien nicht einmal beantwortet worden. Es habe der Stiftung an Sensibilität gegenüber Opfern und deren Angehörigen gefehlt, erinnere diese doch der Name Flick an die Zwangsarbeiterzeit.
Im Umgang mit der Flick-Geschichte habe die Stiftung in Personae von Präsident Lehmann und Museumschef Schuster einen „Zickzackkurs“ gefahren und erst in letzter Minute die Erforschung der Familiengeschichte in Auftrag gegeben – „und zwar selbst, nicht etwa durch den Sammler“. Es spreche für sich, so Ottmann – über deren Verhältnis zum Bruder wenig bekannt ist –, wenn ein Museum zur Rettung seines Ausstellungsprojekts vorgeben müsse, wie eine Familie mit ihrer NS-Vergangenheit umzugehen habe.