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Archiv-Artikel

Beamte haben genug

Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer: Staatsdiener gehen gegen den Senat auf die Straße. Auch CDU-Abgeordneter Lenders macht Stimmung

von KAI VON APPEN

Schon der Auftakt ist temperamentvoll: Überall trillert es aus Pfeifen, den Hachmannplatz schmückt ein buntes Fahnenmeer. Besondere Aufmerksamkeit findet die „Beamtenpresse“, die Feuerwehrleute aufgebaut haben. Derweil wettert der Chef der Gewerkschaft der Polizei, André Bunkowsky von einem Lautsprecherwagen aus über den „durchgeknallten Ex-Innensenator“. Derweil trifft ein Zug von allein über 2.000 LehrerInnen ein, die von einer Personalversammlung kommen. 6.000 BeamtInnen und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes haben gestern gegen die Pläne des Rechtssenats demonstriert, BeamtInnen das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu streichen oder zu kürzen.

Eine solche Manifestation hat es in der Geschichte Hamburgs noch nie gegeben. Erstmals marschierten BeamtInnen verschiedener zentraler Bereiche des öffentlichen Dienstes gemeinsam für ihre Interessen. Und erstmals hatten der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine angegliederten Gewerkschaften (GEW, ver.di, GdP) sowie der Deutsche Beamtenbund (DBB) mit seinen Untergliederungen (Lehrerverband, Polizeigewerkschaft, Komba) gemeinsam zu einer Aktion aufgerufen.

Gegen 16.30 Uhr setzt sich die Demo in Bewegung. Angeführt von Chefs der Hamburger Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst, dahinter mehr als 2.000 PolizistInnen in Uniform oder Zivil, „weil die gut marschieren können und wissen, wie man die Straße frei macht“. Es folgen mehreren hundert Feuerwehrleute in voller Montur, dann ein Fahnenmeer der Steuergewerkschaft und der Bock der Lehrer.

Polizisten verteilen dabei die „Rote Karte für Herrn von Beust“ an die verdutzten Schaulustigen. Vor dem Rathaus stoppt der Zug noch einmal kurz: Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft und gleichzeitig CDU-Bürgerschaftsabgeordneter ergreift das Wort. „Das Maß ist voll, wir sind nicht die Sparschweine der Nation“, schimpft er gegen die eigene Koalition und findet trillernde Zustimmung seiner Gewerkschaftsbasis.

Bereits am Mittag hatten die Vorsitzenden aller großen Beamtengewerkschaften aus dem DGB und dem DBB auf einer Pressekonferenz versucht, den „gesellschaftspolitischen Schritt des gemeinsamen Vorgehens“ von DBB und DGB zu würdigen und mit der Mär der gemächlichen Beamten mit Ärmelschonern und dem dicken Sold aufzuräumen. DGB-Chef Erhard Pumm sagt: „Das entspricht der Gefühlslage im öffentlichen Dienst, das gemeinsam vorgegangen wird.“ DBB-Chef Gerd Tiedemann ärgert sich: „Wir haben seit zehn Jahren Sonderopfer gebracht, und ist die Zumutbarkeitsgrenze erreicht, mit der Abzockerei muss nun Schluss sein.“

Viele Niedrigverdiener im öffentlichen Dienst lägen mittlerweile in der Nähe der Sozialhilfe, die Stellenstreichungen in den vergangenen Jahren hätten zudem zu einer enormen Arbeitsverdichtung geführt. Im vergangenen Jahr sei zudem die Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden erhöht worden. Tiedemann lässt das Argument des sicheren Arbeitsplatzes nicht gelten. „Auch Sklaven hatten einen sicheren Arbeitsplatz.“ Und Pumm stellt fest: „Zu einer Wachsenden Stadt passen keine sinkenden Gehälter und die damit verbundene Demotivation der Beschäftigten.“