: Kampf um den Anzeigenmarkt
Zeitungsverleger beschweren sich über ein Magazin der Post, das ihnen den Markt der Werbebeilagen abgraben will. Eingeschweißtes Blättchen namens „Einkauf Aktuell“ gibt es in Berlin, Hamburg, Hannover und im Rhein-Main-Gebiet
VON STEFFEN GRIMBERG
Rund 1,6 Millionen Haushalte in Berlin bekommen heute wieder Post von der Post: „Einkauf aktuell“ heißt das in Plastikfolie eingeschweißte Blättchen, es enthält ein Rumpf-Fernsehprogramm der Mainstreamsender für die kommende Woche, ein Kreuzworträtsel sowie harmlose Rezept- und Freizeittipps. Mit eingeschweißt ist idealerweise ein ganzer Schwung Prospekte – Reklame vom SB-Warenhaus bis zum Baumarkt. Gar nicht harmlos finden „Einkauf aktuell“ daher die Verbände der Zeitungs- und Anzeigenblattverleger.
Denn die Deutsche Post drängt so auf einen Markt, der bislang überwiegend ihnen allein gehörte. Gerade in Zeiten der ins vierte Jahr gehenden Werbekrise trifft es Tageszeitungen wie Anzeigenblätter besonders hart. Denn der einzige Bereich, wo die Reklameaufwendungen wieder spürbar steigen, ist der Einzelhandel. Solche Beilagen machten bei Tageszeitungen über 15 Prozent der Anzeigenerlöse aus – 2003 rund 800 Millionen Euro. Bei den Anzeigenblättern liegt der Wert bei etwa 500 Millionen Euro.
Auch in Hamburg, Hannover und im Ballungsraum Rhein-Main vertreibt die Post seit 2003 „Einkauf Aktuell“. Die betroffenen Verlage laufen dagegen Sturm, bislang sitzt die Post aber am längeren Hebel: Auch der jüngste Versuch einer hessischen Anzeigenblattgruppe, die Zustellung von „Einkauf Aktuell“ gerichtlich untersagen zu lassen, wurde diese Woche vom Landgericht Frankfurt abgewiesen.
Die Post-Kritiker behaupten, das zu 60 Prozent im Bundesbesitz befindliche Unternehmen verfolge mit seinem Dienst eine Niedrigpreisstrategie, um die Beilagenpreise der Verlage zu unterbieten. Der Zeitungsverlegerverband BDZV sprach von „Kampfpreisen“, mit der eine „halbstaatliche Institution in das aufgrund der wirtschaftlichen Lage ohnehin geschwächte Anzeigengeschäft einzudringen versuche“. Nach Sicht des Anzeigenblätter-Verbandes BVDA verstößt die Post mit „Einkauf Aktuell“ klar gegen das Wettbewerbsrecht, weil sie „bei weitem nicht kostendeckend“ arbeite. Vielmehr würden unzulässigerweise Gewinne aus Monopolbereichen wie der überregionalen Briefzustellung zur Querfinanzierung von „Einkauf Aktuell“ genutzt. Die Post weist diese Behauptung „klar zurück“, sagte gestern eine Sprecherin der taz: „Die Kosten sind gedeckt.“ Man arbeite zu „marktüblichen Preisen“ in einem „offenen Wettbewerbsmarkt“. Auch das Bundeskartellamt hatte im Juni im Rahmen einer vom Zeitungsverlegerverband BDZV initiierten Vorprüfung keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht erkannt, will die Entwicklung aber weiter beobachten. Die Verlegerverbände kündigten daraufhin an, sich mit einer Beschwerde an die EU-Kommission zu wenden.
Bei der Post versteht man die ganze Aufregung nicht: „Einkauf aktuell“ sei doch nichts anderes als eine Weiterentwicklung der klassischen Werbe-Postwurfsendung. Nicht kommentieren möchte die Pressestelle übrigens einen ganz anderen Berührungspunkt zwischen Post und Verlegern: In immer mehr deutschen Städten und Regionen – in Ostdeutschland sogar flächendeckend – stellen nämlich Tochterunternehmen der Verlage die nicht unters Postmonopol fallenden lokalen Briefsendungen zu. Von A wie Augsburger Allgemeine bis Z wie Zeitungsgruppe Thüringen.