Für legale Ideen in unperfekter Umgebung

In Essen eröffnet ein Haus für mittellose aber kreative Künstler. Bezahlen müssen dort nur die Besucher

ESSEN dpa/taz ■ Eine massive Sperrholztheke auf einem Sockel aus blauen Kacheln, Sechziger-Jahre-Sessel neben Holzstühlen, Pop-Art-Gemälde an den Wänden. Das Kuddelmuddel ist in dem ehemaligen Franziskaner-Kloster in der Essener Innenstadt Programm. „Kreativität kann nur in einer unperfekten Umgebung gedeihen“, ist Reinhard Wiesemann überzeugt.

Der 44-jährige Unternehmer aus der IT-Branche will Kreativen aller Fachrichtungen in den ehemaligen Klosterzellen ein Sprungbrett zur Verwirklichung ihrer Ideen schaffen. Die Philosophie des „Unperfekthauses“ ist für Wiesemann schon fast eine mathematische Gesetzmäßigkeit: „In einer zu hundert Prozent perfekten Umgebung kann der Mensch nichts mehr tun, er ist nur noch Zuschauer.“ Je mehr die Umgebung zurücktrete, desto mehr Menschen könnten dort aktiv werden.

Interesse für das bundesweit einmalige „Unperfekthaus“ gibt es reichlich: Schon zur Eröffnung teilen sich rund 140 Kreative die Zellen, Gemeinschaftsräume und den Andachtsraum. Dort probt das Berliner Kinder- und Jugendtheater „Rote Grütze“ sein neues Programm, während eine Architektur-Studentin den ehemaligen Kreuzgangs zu einer Dachterrasse umgestaltet. In den Zellen haben sich Maler, Schriftsteller und Multimedia-Künstler eingerichtet. Im Keller wird noch ein digitales Fotostudio und eine Tischler-Werkstatt aufgebaut. „Jeder, der etwas anbietet, bekommt hier kostenfrei seinen Raum.“ Die Idee müsse nur interessant und legal sein. Eintritt zahlen müssen dagegen die Besucher: Für sieben Euro pro Tag stehen ihnen alle Türen offen.