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Archiv-Artikel

Flüchtige Beratung

CDU-Senat will Sozialarbeiter aus Flüchtlingsunterkünften abziehen. Sozialbehörde gibt Stellen an Bezirke ab. Hamburger Arbeitskreis Asyl befürchtet Aufgabe jeder staatlichen Flüchtlingshilfe. Senat setzt offenbar verstärkt auf Rückkehrberatung

Von EVA WEIKERT

Die Sozialbehörde will die Hilfe für Flüchtlinge in der Stadt neu organisieren und sie den Bezirken überlassen. Sozialarbeiter sollen künftig nicht mehr vor Ort in den Flüchtlingsunterkünften tätig sein, sondern in Dienststellen der sieben Bezirke wechseln. Der Plan soll zum Januar 2005 umgesetzt werden. „Wie die Mitarbeiter eingesetzt werden, ist Sache der Bezirke“, sagte Behörden-Sprecherin Anika Wichert auf Anfrage der taz. Der Hamburger Arbeitskreis Asyl dagegen warnt: „Das ist das Ende der städtischen Flüchtlingsberatung.“

Leidtragende des Umbaus dürften vor allem Migranten ohne Bleiberecht sein, die in einer der 131 öffentlichen Unterkünfte in Hamburg leben. Für sie wird es dort keine Fachberatung mehr zu speziellen Fragen wie Aufenthaltsrecht, wirtschaftliche Absicherung und Familienzusammenführung geben, wenn der CDU-Senat die Sozialarbeiter abzieht.

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) begründet die Umstrukturierung mit sinkenden Flüchtlingszahlen, die die Experten aus der Helferszene jedoch anzweifeln. Aus der Abteilung „Soziale Dienste für Zuwanderer und Obdachlose“ sollen 16 Stellen den Bezirken überlassen werden. Der Abbau erfolgt im Zuge der Reform der Wohnungslosenhilfe (siehe Kasten). Dabei will die Behörde Fachstellen in den Bezirken schaffen, die die Unterbringung Obdachloser und bleibeberechtigter Migranten in Wohnungen regeln.

Der Arbeitskreis Asyl warnt vor der Umsetzung dieser Pläne: „Die Sozialbehörde bereitet die Aufgabe jeder staatlichen Beratung für Flüchtlinge ohne Bleiberecht vor.“ In der Tat ist „zurzeit völlig offen“, so Behördensprecherin Wichert, welche Aufgaben die Kollegen aus den Unterkünften in den Bezirksstellen übernehmen. Eine Fachberatung für Flüchtlinge ohne Bleiberecht ist dort aber nicht geplant. Diese Gruppe wird in der Senatsdrucksache zum „Neuen Hilfesystem für Wohnungslose“ an „in den Bezirken bereits vorhandene Beratungsdienste“ verwiesen.

Regeldienste wie etwa die Jugendämter sind aber mit Asyl- oder psycho-sozialen Fragen „überfordert“, warnte Burkhard Leber, Sprecher vom Arbeitskreis Asyl. Zwar helfen in den Flüchtlingsheimen noch Sozialarbeiter des Trägers „pflegen & wohnen“. Deren „schwerpunktmäßige Aufgabe“, heißt es in der Drucksache, solle aber die „Sicherung des sozialen Friedens“ sein, „die Organisation von Gruppenangeboten, Krisenintervention sowie Öffentlichkeitsarbeit im Stadtteil“. „Da geht es um Schlichtung von Nachbarschaftsstreits“, so Leber: „Was in den Unterkünften bleibt, ist eine Schmalspur-Sozialarbeit.“

Nach Informationen des Arbeitskreises plant der Senat zudem, mit dem Abbau der Hilfen gleichzeitig die Zielrichtung derselben zu verändern. So sollen Caritas, Rotes Kreuz und Arbeiterwohlfahrt ihre städtisch geförderte Flüchtlingshilfe umstellen und in einer gemeinsamen Gesellschaft bürgerlichen Rechts schwerpunktmäßig Rückkehrberatung für Flüchtlinge betreiben.

Die Sozialbehörde will das weder dementieren noch bestätigen: Man prüfe derzeit die „Konsequenzen aus dem Rückgang der Flüchtlingszahlen für die Beratungsstellen“, erklärte Wichert. Hierzu gebe es noch im laufenden Monat Gespräche mit den betroffenen Trägern.