Krise zwischen Briten und Iran

Britische Botschaft in Teheran geschlossen, iranischer Botschafter aus London abberufen. Hintergrund: Verhaftung eines Diplomaten unter Terrorismusverdacht

DUBLIN taz ■ Die britische Regierung hat gestern ihre Botschaft in Teheran geschlossen, nachdem von Unbekannten fünf Schüsse auf das Gebäude abgefeuert wurden. Verletzt wurde dabei niemand. Die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Iran sind damit wieder auf dem Nullpunkt angekommen. Am Morgen hatte die iranische Regierung ihren Botschafter Morteza Sarmadi aus London abberufen, um gegen die Verhaftung eines ihrer Diplomaten zu protestieren. Der 47-jährige Hadi Soleimanpour, der an der nordenglischen Universität Durham promovieren wollte, war vor zwei Wochen von der britischen Polizei festgenommen worden, weil Argentinien einen Auslieferungsantrag gestellt hatte. Soleimanpour wird vorgeworfen, 1994 den Bombenanschlag auf ein siebenstöckiges jüdisches Zentrum in Buenos Aires organisiert zu haben. Dabei kamen 85 Menschen ums Leben, mehr als 200 wurden verletzt. Soleimanpour war damals iranischer Botschafter in Argentinien. Irans Präsident Mohammed Chatami bezeichnete seine Verhaftung als politischen Angriff.

Argentinien, Israel und die USA vermuteten von Anfang an, dass vom Iran unterstützte Hisbollah-Mitglieder hinter dem Anschlag steckten. 20 Argentinier sind angeklagt, weil sie den Attentätern geholfen haben sollen. Ein iranischer Geheimdienstbeamter sagte aus, der damalige argentinische Präsident Carlos Menem habe zehn Millionen Dollar kassiert, um eine Untersuchung des Anschlags zu unterbinden. Menem hat das bestritten.

US-Präsident George Bush setzte den Iran letztes Jahr zusammen mit Irak und Nord-Korea auf seine „Achse des Bösen“. Im Gegensatz zu den USA hatte die britische Regierung die diplomatischen Beziehungen mit Teheran vor vier Jahren jedoch wiederaufgenommen. Der britische Außenminister Jack Straw wies gestern darauf hin, dass Großbritannien einer der wenigen Freunde des Iran in der westlichen Welt sei. Das solle die Regierung in Teheran nicht aufs Spiel setzen. Die britische Regierung hatte dem Iran ein Handelsabkommen mit der EU in Aussicht gestellt, das nun gefährdet sein könnte.

Die Eskalation kommt für die iranische Regierung auch aus anderen Gründen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Am kommenden Montag berichtet die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) über Irans Atomwaffenprogramm. Die Regierung in Teheran bestreitet, sich um Atomwaffen bemüht zu haben.

Dennoch drängt Bush auf Sanktionen gegen den Iran. Die IAEA hat allerdings in ihrem letzten Bericht in der vergangenen Woche festgestellt, dass die Regierung in Teheran „größere Kooperationsbereitschaft“ als bisher an den Tag gelegt habe. Man habe Zugang zu weiteren Atomeinrichtungen erhalten und detaillierte Informationen bekommen. In der Atomanlage Natanz ist die IAEA jedoch auch auf Spuren von hoch angereichertem Uran gestoßen. Die iranische Regierung erklärte, das Material stamme von kontaminierten Geräten, die vor zehn Jahren für zivile Zwecke angeschafft worden seien. RALF SOTSCHECK