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Archiv-Artikel

Nerzmäntel made in Germany

Rot-Grün will Pelztier- und Schweinehaltung neu regeln. Tierschützer enttäuscht

HAMBURG taz ■ Der Druck kam einerseits von der EU-Kommission, andererseits von einer Bundesländerinitiative, der unter anderem Schleswig-Holstein angehört: Aber nun hat das Bundeslandwirtschaftsministerium endlich die Entwürfe zur Schweine- und Pelztierhaltung vorgelegt, die eigentlich schon für Ende 2002 gefordert waren. Die Vorlagen sollen im Rahmen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Gesetz werden. Doch wer glaubte, nach der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz per 1. August 2002 würden wesentliche Verbesserungen für Nutztiere oder gar die Abschaffung der Tierquälerei politisch durchgesetzt, wird enttäuscht.

Bislang regelt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung allein die Haltung von zwei Tiergruppen: Legehennen und Kälber in Ställen. Schweine und Pelztiere sollen jetzt hinzukommen. Für Kälber im Freien, Milchkühe, Kaninchen, Puten, Masthühner oder Gänse gibt es nur freiwillige Vereinbarungen – und auch die nur in einigen Ländern für einige der Arten.

Natürlich gibt es auch noch das Tierschutzgesetz. „Doch das wird konsequent ignoriert“, so Regina Jaeger vom Provieh-Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung. So würden Kaninchen „übereinander gestapelt auf Drahtböden ihr Dasein fristen“. Tierschützer hatten ein Verbot der Pelztierhaltung gefordert, wie es in Großbritannien seit Januar besteht. „Wir hatten das geprüft“, so Bernhard Kühnle, Leiter der Abteilung Veterinärwesen im Ministerium. „Ein Verbot schien uns verfassungsrechtlich nicht durchsetzbar.“

Die 34 deutschen Pelztierhalter halten jedoch auch den vorgelegten Entwurf wegen seiner Vorschriften – etwa dass Einrichtungen für Nerze ein Schwimmbecken haben müssen – für ein Quasi-Verbot. Tierschützer bemängeln dagegen, dass die Käfige nach wie vor zu klein seien. Bei der Schweinehaltung, heißt es aus dem Ministerium, sei man etwa beim Platzbedarf für Mastschweine über die von der EU geforderten Standards hinausgegangen. Doch Experten kritisieren die fehlende Trennung von Liege- und Kotbereich. „Und im Entwurf auch nicht berücksichtigt sind schmerzhafte Eingriffe bei Ferkeln, denen in der Intensivhaltung routinemäßig ohne Betäubung die Schwänze gekürzt, Kastrationen verpasst und die Eckzähne geschliffen werden“, so Thomas Pietsch vom Verband Vier Pfoten.

Während der Entwurf zur Pelztierhaltung Chancen hat, wenigstens in seiner jetzigen Form den Bundesrat zu passieren, wird es der Entwurf zur Schweinehaltung schwer haben. Denn die Unionsländer wollen bloß die EU-Richtlinie umsetzen, die ja hinter den rot-grünen Plänen zurückbleibt. Auch SPD-Politiker melden Widerstand. So hat der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, den Entwurf als zu weit gehend abgelehnt – wie auch der tierschutzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Wilhelm Priesmeier.

TORSTEN ENGELBRECHT