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: Zonengabi und Ampelmännchen

„Die DDR-Show“ (Mi., 21.15 Uhr, RTL)

Nein, der Gag war wirklich zu flach: Katarina Witt betritt die Bühne als Jungpionier mit blauem Halstuch. Wenn sie wenigstens jedem im Publikum zur Begrüßung die Hand geschüttelt hätte. Daran erkennt man den wirklichen Ossi. Auf einer Party schön die Schuhe an der Tür ausziehen und allen 50 Gästen mit persönlichem Handschlag „Hallo“ sagen. Das wäre mal lustig gewesen.

Aber was haben wir erwartet? Nur weil RTL als Erstes die Idee einer Ost-Show ankündigte und am meisten Zeit für die Umsetzung hatte, müssen wir ja nicht glauben, dass der Sender es besser macht als die vorschnelle Konkurrenz. Was gezeigt wurde, war dermaßen Oldschool-DDR, dass auch spät geborene Ossis nur unter dem soziologischen Aspekt zuschauen konnten. Aha, so war das damals in den Fünfzigern. Als Alternative zum verteufelten Rock ’n’ Roll wurden unsere Eltern gezwungen, „Lipsi“ zu tanzen. Das fanden sie so schrecklich, dass sie sich regelmäßig schnell mit „Haps Flip“ zuknallten.

Was jetzt an Katarina Witts Schulzeugnis und Henry Maskes Jugendbildern besonders ostig sein soll, blieb dagegen unklar. Gelangweilt hockten die beiden ehemaligen Spitzensportler neben Moderator Oliver Geissen, blass wie Zonengabi und steif wie Ampelmännchen. Und die Schauspielerin Katrin Saß („Good Bye, Lenin“) machte gute Miene zum bösen Spiel. Noch in der 3sat-„Kulturzeit“-Sendung vom selben Tag hatte sie zugegeben: Wenn sie gewusst hätte, dass auch Leute eingeladen würden, denen es in der DDR sehr, sehr gut ging, hätte sie nie bei RTL unterschrieben.

Was haben die DDR-Shows gebracht? Vielen Ossis dürften sie als Erinnerungskrücken dienen. Den Wessis beschert die Ostwelle vielleicht eine Sensibilisierung, wenn beim üblichen „Generation Golf“-Gequatsche jemand nicht mitreden kann oder will. Bundesweit gesehen könnte die ansatzweise gleichberechtigte Darstellung ostdeutscher Identität den Ossi endlich mal aus seiner Nischenexistenz befreien. Auch wenn danach wieder „Wetten, dass …!?“ und „Deutschland sucht den Superstar“ die Quote bringen.

SILVIA HELBIG