: Zwei bekennerschreiben zu attentaten
Sowohl islamisten als auch eine kurdische gruppe behaupten, die bombenanschläge in Istanbul verübt zu haben. Aufgrund der PKK-drohungen vom juni, weitere anschläge zu verüben, neigt die polizei der kurdischen spur zu. Doch beweise dafür fehlen
AUS ISTANBULJÜRGEN GOTTSCHLICH
Auch einen tag nach den bombenanschlägen auf zwei hotels und eine gasfüllanlage in Istanbul tappt die türkische polizei im dunkeln. Kurz vor den attentaten hatte man zwar vier kurden festgenommen, die angeblich mitglieder eines PKK-kommandos sind, das mit dem ziel, anschläge durchzuführen, nach Istanbul gekommen sein soll. Doch einen direkten zusammenhang zu den erfolgten anschlägen kann die polizei bislang nicht nachweisen.
Für völlige verwirrung sorgten am dienstag gleich zwei gruppen, die sich jeweils zu den attentaten bekannten. Während die behörden zunächst eher die PKK/Kongra-GEL verdächtigten, meldeten sich gegen 17 uhr türkischer zeit die islamistischen Abu-Hafs-al-Masri-brigaden und behaupteten, für die anschläge in Istanbul verantwortlich zu sein. Sie kündigten zudem an, Istanbul sei nur der auftakt für weitere anschläge in Europa. Denn die europäer hätten das angebot Bin Ladens, von anschlägen verschont zu werden, wenn sie ihre soldaten aus Afghanistan und dem Irak zurückziehen, zurückgewiesen.
Während die türkischen medien auf die islamisten als täter umschwenkten, kam aus Deutschland die kurdische option ins spiel. Bei der PKK-nahen und in Köln ansässigen nachrichtenagentur Mezopotamya meldeten sich die „kurdischen freiheitsfalken“ und behaupteten, sie hätten die bomben gelegt. Obwohl beiden selbstbezichtigungen etwas obskures anhaftet, neigen die türkischen behörden zu der kurdischen spur.
Die art der durchführung der attentate spricht gegen die islamisten. Zudem hatte die PKK im zusammenhang mit der aufkündigung des waffenstillstandes im juni bereits mit anschlägen auf touristische ziele gedroht.
Gleichzeitig mit den anschlägen in Istanbul gab es angriffe auf eine militärstation in Hakkari, im türkisch-iranisch-irakischem grenzdreieck. Vor allem in dieser gegend hat die PKK seit mitte juni wiederholt armee und polizei attackiert und damit versucht, den eindruck zu erwecken, sie könne den 1999 beendeten bürgerkrieg wieder anheizen.
Die PKK wirft dem türkischen staat vor, seit ihrer einseitigen waffenstillstandserklärung 1999 keinen schritt zu einer politischen lösung getan zu haben. Die PKK fordert eine generalamnestie für alle PKK-mitglieder einschließlich der führungskader und Abdullah Öcalan.
Grund für die wiederaufnahme von bewaffneten aktionen dürfte aber die verzweifelte situation der PKK im Nordirak sein. Die irakischen kurden wollen sie dort loswerden und die USA werden von Ankara bedrängt, gegen die PKK-lager militärisch vorzugehen. Die angriffe sind ein versuch, sich in der Türkei erneut politisch ins spiel zu bringen.