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Archiv-Artikel

Nicht mal Geld für Billigjobs

Ab Januar sollen auch Langzeitarbeitslose gefördert werden – notfalls durch eine Vermittlung in Billigjobs. Doch in den Stadtverwaltungen wachsen Bedenken gegen den neuen Niedriglohnsektor

VON ANDREAS WYPUTTA

Die versprochene besondere Förderung vieler Langzeitarbeitslosen ist an Rhein und Ruhr nicht in Sicht. Vier Monate vor Inkrafttreten der Hartz-Gesetze sind viele Städte auf ihre neuen Aufgaben kaum vorbereitet, wie eine taz-Umfrage ergab: Besonders die neuen Billigjobs, mit denen öffentliche Arbeitgeber gerade Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger nach den Vorstellungen von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) für ein bis zwei Euro in der Stunde wieder an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen, fehlen völlig.

Beispiel Dortmund: „Konkrete Planungen haben wir noch nicht“, sagt Sprecherin Anke Widow. Ähnlich die Situation in Duisburg: „Wir werden unser Angebot über die bisherigen 850 Stellen hinaus ausweiten“, versichert der stellvertretende Leiter des Amts für Soziales und Wohnen, Alfons Olejnik. Konkrete Zahlen will der Verwaltungsfachmann aber nicht nennen – wie in anderen Städten laufen die Vorbereitungen auf Hartz gerade erst an. Aktuell wird erst einmal eine Arbeitsgemeinschaft mit der lokalen Agentur für Arbeit gegründet, die das weitere Vorgehen koordinieren soll.

Noch deutlicher wird Volker Koch, stellvertretender Chef des Essener Sozialamts: „Einen Niedriglohnsektor mit Dumpinglöhnen wird es in Essen nicht geben. Das machen weder die Gewerkschaften noch Unternehmensverbände wie die Kreishandwerkerschaft mit“, glaubt er. Stattdessen setzt Essen wie Dortmund und Duisburg auf Bewährtes. „Unser Schwerpunkt ist die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt.“ Durch Qualifizierungen seien in der Vergangenheit bis zu 1.500 Menschen jährlich wieder in reguläre Arbeit gebracht worden: „Das können Sprachkurse, ein Stapler- oder ein LKW-Führerschein sein.“

Einziges Problem: Um die von Bundes- und Landesregierung erwünschte massive Senkung der Arbeitslosenzahlen zu erzielen, reichen die bisherigen Qualifizierungen bei weitem nicht aus – allein Essen zählt aktuell rund 33.000 Arbeitssuchende. Viele müssen sich deshalb mit den neuen Billigstjobs etwa als Assistenzkraft in städtischen Büros, bei der Reinigung von Grünanlagen oder bei der Kinder- und Altenbetreuung zufrieden geben. „Wer gute Arbeit leistet, hat die Chance auf einen regulären Job“, beschwichtigt zwar Düsseldorfs Sozialdezernent Burkhard Hintzsche. Dennoch sieht der Sozialdemokrat die „Grundproblematik, Perspektiven für gering Qualifizierte nicht zum Tariflohn“ schaffen zu können.

Die Gefahr eines neuen Niedriglohnsektors will die Düsseldorfer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit – das ehemalige Landesarbeitsamt – trotzdem nicht sehen. „Es geht doch um zusätzliche gemeinnützige Arbeit“, sagt Sprecher Werner Marquis. Vorbildlich handele gerade Düsseldorf: Dort sollen keine weiteren regulären Jobs durch den Einsatz von Technik vernichtet werden, etwa an den Kassen der Schwimmbäder. Die kommunale Rheinbahn denkt sogar über die Wiedereinführung der Schaffner in den Straßen- und U-Bahnen nach – ob als voll bezahlte Stelle oder Hartz-Billigjob ist aber noch unklar.