: Zeitungsminister will „Butter bei die Fische“
Eine zweite Anhörung in Sachen Fusion von „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ durch die Holtzbrinck-Verlagsgruppe sollte letzte Klarheiten bringen für oder gegen eine Ministererlaubnis. Ergebnis: Taktik sticht – nur wen?
Irgendwann hat selbst der spaßfreudigste Minister genug. Wolfgang Clement nimmt seine Brille ab, beugt sich nach vorne und spricht in sein Mikrofon. „Butter bei die Fische“, heißt seine Ansage nun, zu fortgeschrittener Stunde der zweiten Anhörung zum Antrag der Holtzbrinck-Verlagsgruppe auf eine Sondererlaubnis durch den Minister für eine Fusion von Tagesspiegel und Berliner Zeitung. Das Kartellamt hatte diese wegen Wettbewerbsbedenken abgelehnt.
„Butter bei die Fische“, das ist nicht die von Holtzbrinck ersehnte und vom Rest der Medienlandschaft befürchtete Ministererlaubnis. Und doch verstummt sofort der eben noch rege Schlagabtausch zwischen dem Holtzbrinck-Anwalt Rainer Bechtold, platziert in der ersten Reihe direkt vor dem Minister, und dem etwas kurzatmigen Spinger-Anwalt Eckhard Bremer, platziert hinter dem Redepult. Schweigen auch auf den voll besetzten Rängen, die bis eben noch den Äpfel-und-Birnen-Vergleichen des Springer-Manns und den Monopolvorwürfen des Holtzbrinck-Vertreters Sinn zudenken durften.
Schluss mit Taktik also, findet der Bundeswirtschaftsminister. „Mich interessiert nur eine Frage: Gibt es eine adäquate Alternative zu dem Modell der Holtzbrinck-Verlagsgruppe?“ Gibt es ein Modell außer der Fusion, das beide Zeitungshäuser als Stiftung führt, um die dauerhafte Existenz beider Blätter und somit die Pressevielfalt zu gewährleisten? Denn diese soll eine Sondererlaubnis des Ministers sicherstellen. Auch, wenn dabei Wettbewerbsrecht verletzt wird.
Eine Alternative sitzt nun tatsächlich vor ihm, die Bauer-Verlagsgruppe, die sich ganz knapp vor Fristende mit einem Angebot für den Erwerb des Tagesspiegels ins Gepoker um den Berliner Zeitungsmarkt geworfen hatte. Ein Schritt, der aus der ersten Anhörung im April resultiert, in der Clement gefordert hatte, Holtzbrinck müsse beweisen, dass es keinen Kaufinteressenten für den Tagesspiegel gebe und somit das Fusionsmodell die einzige Lösung zum Erhalt der defizitären Zeitung sei. Ein Schritt, der vor allem die taktischen Verrenkungen und Spielchen aller involvierten ebenso wie potenziell betroffenen Verlagsgruppen nur befügelte:– Den Geschäftsführer der Morgenpost, Josef Probst zu Wörtern wie „Unverkäuflichkeitsnachweisverfahren“ und „Investitionsabschreckverfahren“ – österreichisch-dialektöse Verfahrensvorwürfe an Holtzbrinck. – Deren Anwalt Bechtold wiederum zu dem haarscharfen Befund eines „Modells Mäzenatentum“, mit dem Bauer den Tagesspiegel über Wasser halten wolle. – Den Herrn Heinz Bauer höchstpersönlich wiederum zu dem Bekenntnis, dass er in die Hauptstadt investieren wolle und davon überzeugt sei, dass der Tagesspiegel die führende Hauptstadtzeitung sein werde.– Wohingegen der Anwalt des Märkischen Verlags- und Druckhauses, Christofer Lenz, sich zurück zum Emissions-TÜV in NRW beflügelt sah, der ungefähr so arbeite wie das Clements Behörde auch tun sollte.
Da lächelt auch der Minister noch ob der trickreichen rhetorischen Schachzüge, dann aber ist Schluss mit lustig.
Der Minister will eine Ansage, und die bekommt er prompt: Heinz Bauer steigert seine Bestandsgarantie nach einer weiteren Kaffeepause von zehn auf 20 Jahre, will aber eine Bestätigung des Kaufangebots seitens Holtzbrinck. Holtzbrinck ist ganz Dame und schweigt dazu immer noch. Keine Äußerung. Der Minister lächelt nicht mehr, beugt sich abermals vor und verkündet das Ende der Anhörung. Ende offen. Nur Springer-Anwalt Bremer konnte sich einen Erfolg sichern: In jener letzten Pause den allerletzten Tropfen Kaffee, mühsamst aus dem Thermobehälter gekippt. Na, wer sagt’s denn. SUSANNE LANG
flimmern und rauschen SEITE 18