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Archiv-Artikel

„Ich glaub, ich hab dafür ein Händchen“

Michael Krausz, Berlins neuer Staatssekretär für Wissenschaft, kommt aus Hamburg und der Medizin. Er fährt zwar auf PDS-Ticket, war früher aber mal Mitglied der DKP. Er hält Flierls Studienkonten für ein „interessantes Modell“

„Ich bin ganz sicher, dass wir uns für diesen Anlass zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode treffen.“ Was sollte Torsten Wöhlert, Sprecher der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Kultur, auch anderes sagen, als er gestern wieder eine neue Führungskraft vorstellte? Zwei Staatssekretäre hat sein Chef, PDS-Senator Thomas Flierl, binnen 16 Monaten schon verloren. Die Kultur ist seit dem Sommer neu besetzt, für Wissenschaft soll es ab Oktober der Hamburger Psychiater und Uni-Professor Michael Krausz (49) richten.

Er ist sich durchaus bewusst, was ihn erwartet. „Der Rahmen ist gesteckt, in dem ich mich bewegen muss“, sagt Krausz. Vorgänger Peer Pasternack warf im Juli aus Protest gegen Studiengebührenpläne die Brocken hin. Umbauen und umdenken soll nun der Neue. Nicht zufällig nennt sein Lebenslauf ausdrücklich „Leitung von Restrukturierungsmaßnahmen in der Hochschulmedizin“. Ein Fachmann also für die Fusion der Medizin-Fakultäten? Krausz: „Das ist mit Sicherheit einer der wesentlichen Gründe, warum ich geholt worden bin.“ Ansonsten sagt er, was man als Neuer so sagt: Dass er sich erst ein Bild machen muss, bei Kürzungen die Beteiligten einbeziehen will. Anders als sein Vorgänger kann er mit Studienkonten leben, spricht von einem interessanten Modell.

Von ganz unten bis ganz oben hat Krausz Karriere gemacht: Ausbildung und Arbeit als Krankenpfleger, Medizinstudium, dann Aufstieg zum Vize-Chef der Psychiatrischen- und Nervenklinik – alles dort, wo er schon 1973 als Zivi begann: im Hamburger Universitätskrankenhaus Eppendorf. 30 Jahre im gleichen Stall? „Ich habe von dort aus viel international gearbeitet.“

Krausz geht in die Verwaltung eines PDS-Senators, und rückt doch erst auf Nachfrage mit einer kommunistischen Parteivergangenheit heraus. „In jungen Jahren war ich in der DKP“, sagt er und spricht dann doch lieber vom anschließenden Engagement in Personalrat und akademischen Gremien. Dass der neue Mann kein PDS-Mitglied ist und aus dem Westen kommt, spielte laut Sprecher Wöhlert beim Auswahlverfahren keine Rolle. Man habe gezielt eine Fachkraft gesucht, „es hätte auch eine Frau aus dem Osten sein können“.

Die Opposition hatte bereits im Netz gegoogelt oder bei Parteifreunden in Hamburg nachgefragt. Ein guter Mann auf seinem Spezialgebiet der Suchtforschung, ein guter Lobbyist, politisch hingegen unbeschrieben, weiß die grüne Wissenschaftspolitikerin Lisa Paus. Gleiches stellten ihre Kollegen fest. FDP-Mann Erik Schmidt hofft darauf, dass Krausz bei seinem Senator mehr für die Wissenschaft herausholt, denn: „Flierl zeigt eindeutig mehr Interesse für die Kultur. Von CDU-Expertin Monika Grütters gab es erste Kritik. Denn: „Universitäre Strukturen müssen den Aufgaben folgen“, sagte Krausz bei seiner Vorstellung, man müsse versuchen, den Bedarf zu kalkulieren. Grütters widersprach gegenüber der taz: „Solche Rechnungen funktionieren nicht.“

Die schnelle Kritik mag Krausz reizen, der nach eigenen Worten seinen Hamburger Posten ohne Rückkehrrecht verlässt. Und als Staatssekretär nur „unwesentlich“ mehr verdient. Nicht dass er mit 49 in der Midlife-Crisis sei. Aber mit Berlin will er sich noch mal neu fordern. „Ich glaube, dass ich dafür ein Händchen habe.“

STEFAN ALBERTI