piwik no script img

Archiv-Artikel

Zu viel Wettbewerb schadet der Rendite

Zustand des Finanzsektors, Teil 2: die Sparkassen. Privatbanken wollen Konkurrenz der öffentlichen Institute beseitigen

HAMBURG taz ■ Die Erfolgsliste der 500 Sparkassen ist lang. Sie sorgen landauf, landab für scharfen Wettbewerb, zum Nutzen der Kundschaft, denn die hiesigen Konditionen sind im europäischen Vergleich verbraucherfreundlich. Obendrein zahlen Sparkassen im Unterschied zu den privaten Großbanken regelmäßig Steuern, unterhalten mehr Stiftungen als Niederlassungen, gelten als der wichtigste Kulturförderer und sind oft die Einzigen, bei denen Handwerker oder Bäckermeister noch Kredit haben.

Mit alldem könnte bald Schluss sein, denn die privaten Banken haben ein Auge auf die öffentlichen Sparkassen geworfen. Sie meinen, zu viel Wettbewerb schade der Rendite. Für Christine Licci tummeln sich zu viele Anbieter auf dem deutschen Markt, die Folge sei eine niedrige Rentabilität, jammert die Chefin der Citibank.

Bislang ruht das hiesige Geldwesen noch auf drei Säulen, den privaten Banken, den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeiseninstituten sowie den öffentlich-rechtlichen Sparkassen. In Misskredit geriet dieses Drei-Säulen-Modell erst, als sich Mitte der Neunzigerjahre Deutsche Bank und der Bundesverband deutscher Banken (BdB) bei der EU-Wettbewerbskommission beklagten, dass die besonderen Beziehungen der Sparkassen zum Staat gegen Europas heilige Kuh verstießen, das Wettbewerbsrecht. Nach jahrelangem Hickhack einigten sich Brüssel und Berlin auf einen Kompromiss: Danach werden im Jahr 2005 die staatlichen Garantien wegfallen. Danach können die Sparkassen als öffentliche Anstalten im Eigentum von Stadt und Kommune bleiben – oder sie werden privatisiert.

Ob die Stadtkämmerer dann reihenweise Kasse machen und ihre Institute verkaufen, ist zur Zeit noch weitgehend offen. In Hessen, im Saarland und in Sachsen allerdings wollen die Landesregierungen den Weg für eine „Sparkassen AG“ und für die Übernahme durch private Banken ebnen. In Sachsen wurde mit dem Start des Finanzverbundes von 7 der 21 Institute am 1. September ein erstes Signal des Abschieds ausgesendet. Wenn nicht die Privatisierung auf der Tagesordnung steht, so sorgen sich die Finanzexperten der Gewerkschaft Ver.di, könnten doch riesige Sparkassen-Konzerne entstehen, die denselben ökonomischen Gesetzen folgen wie die privaten Großbanken.

Wenn es nach dem Willen der Mehrheit im Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) geht, wird jedoch auch zukünftig der Profit nicht allein regieren. In den internen „Strategischen Leitlinien“ wird an der „Gemeinwohlorientierung“ festgehalten, und diese beruhe nun einmal „im Wesentlichen auf der Trägerschaft durch die Kommunen“. An der öffentlichen Rechtsform wollen die Sparkassen daher auch nach 2005 festhalten. Dies sehen jedoch einige Manager im DSGV ganz anders.

Aber selbst die Mehrheit unter DSGV-Präsident Dietrich Hoppenstedt will weitere Großfusionen der Landesbanken und wachsende Sparkassen. Um etwa 25 Institute soll der Verbund pro Jahr gestrafft werden. Der IT-Bereich wurde bundesweit von zehn auf drei Blöcke reduziert. Dass es noch nicht einer ist, liegt an regionalen Eitelkeiten. In der Wertpapierabwicklung – auch deren bundesweite Zentralisierung scheitert an Landesfürsten – arbeiten viele Sparkassen schon mit Genossenschaftsbanken zusammen.

Aber die Front bröckelt an den Sollbruchstellen. So genannte freie Sparkassen, die sich nicht im Eigentum einer Kommune befinden, planen bereits konkret die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Zuerst hatte man in Frankfurt am Main diese Idee. Hier stockt die Umwandlung, weil die Stadt mit 40 Prozent beteiligt werden müsste. Die hamburgische HASPA arbeitet dagegen am Umbau in eine Aktiengesellschaft schon ganz handfest. Obendrein hofft die größte deutsche Sparkasse, den letzten ernst zu nehmenden Ortsrivalen, die Vereins- und Westbank, übernehmen zu können.

2005 könnte die HASPA eine ganz normale Bank sein.

HERMANNUS PFEIFFER

Nächste Folge: die Genossenschaftsbanken