Attentat in Stockholm

Schwedische Außenministerin Lindh bei Messer-Attacke schwer verletzt. Täter ist flüchtig, Motiv unklar. Regierung setzt Euro-Kampagne aus

STOCKHOLM dpa/ap/taz ■ Ein unbekannter Attentäter hat die schwedische Außenministerin Anna Lindh am Mittwoch mit einem Messer schwer verletzt. Nach Polizeiangaben musste die 46-jährige Sozialdemokratin mit Verletzungen an Arm, Brust und Bauch im Karolinska-Krankenhaus von Stockholm operiert werden. Schwedens Ministerpräsident Göran Persson bezeichnete ihren Zustand am Abend als „ernst“.

Lindh, die als populärste Politikerin in Schweden gilt, war am Nachmittag privat und ohne Begleitung im NK-Kaufhaus in der Innenstadt einkaufen gegangen. Augenzeugen berichteten, dass sich plötzlich ein etwa 1,80 Meter großer Mann mit einem spitzen Hut auf sie stürzte und kurz darauf mit blutdurchtränkter Kleidung flüchten konnte. Das Messer warf der Täter noch im Kaufhaus fort. Das Motiv der Tat war zunächst unklar.

Lindh war den Augenzeugen zufolge bei Bewusstsein, als sie am Boden liegend notärztlich versorgt wurde. Sie habe aber sichtlich unter Schock gestanden. Die Polizei sowie der schwedische Geheimdienst Säpo setzten eine Großfahndung nach dem Täter in Gang.

Die schwedische Regierung setzte als Reaktion auf das Attentat ihre Kampagne für die Abstimmung über den Euro am kommenden Sonntag aus. Zugleich wurde die Bewachung aller Regierungsgebäude verstärkt.

Lindh engagierte sich zuletzt stark für ein Ja beim schwedischen Euro-Referendum am Sonntag. Umfragen gaben den Eurogegnern zuletzt eine deutliche Mehrheit. Lindh gilt als Anwärterin auf die Nachfolge von Ministerpräsident Persson. Sie führt seit 1998 das Außenministerin und war vorher ab 1994 Umweltministerin. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Der Anschlag weckt Erinnerungen an die Ermordung von Schwedens damaligem Ministerpräsidenten Olof Palme im Februar 1986. Er war nach einem Kinobesuch durch zwei Schüsse eines Attentäters in der Stockholmer Innenstadt getötet worden. Der Mord gilt als nicht aufgeklärt. Auch bei diesem Anschlag war ein Mann plötzlich aufgetaucht und konnte im Anschluss unerkannt entfliehen. Der Schwede Christer Pettersson wurde später in erster Instanz verurteilt, in der Berufung aber wegen Verfahrensfehlern bei der Identifizierung durch die Palme-Witwe freigesprochen. KLH