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Archiv-Artikel

Furunkel mit Maden am Bein

Ex-Konditor Nehberg hat seinen letzten Survival-Traum verwirklicht und dabei Haarsträubendes erlebt, etwa den Kampf mit einer Boa. Drohende Festnahme als Biopirat. Nächstes Projekt: Scheichs vom Unsinn der Klitoris-Beschneidung überzeugen

Alles juckte, war geschwollen: Man wird manchmal wahnsinnig

aus HamburgGERNOT KNÖDLER

Wie kämpft man mit einer Riesenschlange? Indem man sie am Schwanz packt, ihr den Finger in den After steckt und sie solange um den Kopf schleudert, bis ihr schwindlig ist. So macht es zumindest Rüdiger Nehberg, ehemals Konditor in Hamburg-Wandsbek und seit vielen Jahren Profi im Überleben. Danach seien sie beide ein wenig erschöpft gewesen, er und die Boa, erzählt Nehberg. Friedlich seien sie sich gegenüber gelegen und hätten einander auf sich wirken lassen. „Es ging mir so gut, dass ich nicht mal im Hinterstübchen daran gedacht habe, sie zu töten und ihr Fleisch zu braten“, sagt der Überlebenskünstler.

Nehberg berichtet von seinem jüngsten Abenteuer im Dschungel des Amazonas, von dem er gestern wohlbehalten zurückgekehrt ist. Er hat sich einen Traum erfüllt, den er vor vier Jahren der taz hamburg mitteilte: Sich mit dem Hubschrauber irgendwo im Urwald absetzen zu lassen und vier Wochen später wieder draußen zu sein. Dreieinhalb hat er gebraucht, bis er beim ersten Indianerdorf anlangte.

Kurz darauf musste er sich vor den brasilianischen Behörden in Sicherheit bringen, die ihn der Biopiraterie bezichtigten: Nehberg habe mit seinen Kameras die biologischen Schätze des Regenwaldes ausgespäht. Außerdem habe er unerlaubterweise Indianergebiet betreten und keinen Pass dabei gehabt. Mit Hilfe der deutschen Botschaft und des österreichischen Konsuls, erzählt Nehberg, sei es ihm gelungen, die Vorwürfe zu entkräften.

Wegen seines Engagements für die Yamomami-Indianer war Nehberg schon einmal aus Brasilien ausgewiesen worden. Mit Hilfe Nehbergs überlebte das Volk. Sein Anwalt überzeugte den Staatsanwalt, dass es Nehberg darum ging „die Schönheit und Vielfalt des Regenwaldes zu zeigen, eingebettet in ein verrücktes Abenteuer“.

Gleich zu Beginn ging schief, was eben so schief gehen kann: Der Hubschrauber schleifte ihn durch Dornengestrüpp. Nehberg zog sich ‘zig Wunden zu, die sich entzündeten und Fieber hervorriefen. „Alles juckte, war geschwollen – das macht einen manchmal wahnsinnig.“

Am Ende der Reise drückte er an Furunkeln herum, die er am Bein hatte. „Da kamen drei Viecher wie Kaulquappen heraus“, erzählt er. „Als Schwanz hatten sie einen Spiralbohrer, wie ‘ne Black&Decker.“ Er hat es gefilmt, „weil das witzig war, wie die rausgucken“ – so wie sein Kampf mit der Boa. „Es ist ja auch für den Film wichtig, ein bisschen Action zu haben“, gesteht Nehberg.

Er hatte sich ohne Kompass, Karten und Medikamente abseilen lassen und verlor dabei auch noch sein Haumesser. Drei Tage lang suchte er es vergeblich. Durch das Dickicht drückte er sich mit den Gummisäcken für seine Kameras. Er trank Wasser aus Pfützen und Tümpeln im Vertrauen auf das Hamburger Tropeninstitut. „Die meisten Krankheiten haben eine lange Inkubationszeit“, sagt er. Aus dem Dschungel schwamm er auf einem selbst gebauten Floß.

Obwohl Nehberg wie stets vor Vitalität strotzt, scheint ihn sein jüngstes Abenteuer bis an seine Grenzen gefordert zu haben. „Ich bin ganz sicher: Mit 70 hätt‘ ich‘s nicht mehr geschafft“, sagt der 68-Jährige. Seine Kräfte lassen nach. Er trägt zwei Hörgeräte und braucht eine Brille. „Ich würde das so nicht noch mal machen“, sagt er. Nicht ohne Taschenlampe, Messer, Angelhaken, Seife.

Seine nächsten Abenteuer sollen daher weniger körperlich fordernd sein: Anfang Januar habe er eine Konferenz im ostafrikanischen Djibouti organisiert. Mit Hilfe von Koran-Gelehrten aus Kairo und Mekka will er die Scheichs davon überzeugen, dass Klitoris-Beschneidung „wider alle Vernunft, wider alle Genialität der Schöpfung“ ist.