: Geoff Hoons Tage im Amt scheinen gezählt
Bericht des britischen Geheimdienstausschusses entlastet die Regierung Blair – bis auf den Verteidigungsminister
DUBLIN taz ■ Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon hat einen Parlamentsausschuss „potenziell in die Irre geführt“. Das moniert der Geheimdienstausschuss des Londoner Unterhauses in seinem gestern vorgelegten Bericht. Hoon habe die Einwände der Geheimdienste gegen das Irak-Dossier der Regierung vom September letzten Jahres verschwiegen, heißt es weiter. Vor allem die Behauptung, der Irak könne seine Massenvernichtungswaffen binnen 45 Minuten aktivieren, sei „nicht hilfreich für das Verständnis der Angelegenheit“ gewesen.
Allerdings stellte der Ausschuss abschließend fest, dass die Regierung das Dossier nicht „sexyer“ gemacht und damit die vom Irak ausgehende Gefahr übertrieben habe. Das hatte die BBC im vergangenen Mai behauptet. Im Juli stellte die Regierung den Waffenexperten David Kelly als Quelle für den BBC-Radiobericht bloß. Der Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums nahm sich daraufhin offenbar das Leben. Sein Tod ist Gegenstand einer Untersuchung, die von Lordrichter Brian Hutton geleitet wird.
Hoon werde trotz des kritischen Berichts des Geheimdienstausschusses keineswegs zurücktreten, sagte Außenminister Jack Straw gestern. „Er behält das Vertrauen des Premierministers und seiner Kabinettskollegen“, sagte Straw, der Anfang der Woche selbst schwer belastet worden ist. Aus verschiedenen Dokumenten, die Hutton am Montag veröffentlichte, geht hervor, dass Straw eine stärkere Betonung auf die irakischen Massenvernichtungswaffen verlangt habe. Vor allem hat er auf die Einfügung eines „Killer-Absatzes“ in das Dossier gedrängt. Darüber hinaus spielte Straw eine wichtige Rolle bei der Bloßstellung Kellys als BBC-Informant. „Ich wäre sehr zufrieden damit, wenn er benannt würde“, schrieb John Williams, Pressechef des Außenministeriums, in einer E-Mail an hochrangige Regierungsbeamte. Es ist unwahrscheinlich, dass Straw davon nichts wusste.
Nächste Woche beginnt Hutton mit den Kreuzverhören. Für Hoon wird das besonders unangenehm. Er hatte behauptet, mit der Bloßstellung Kellys nichts zu tun zu haben. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es sein Ministerium war, das Kellys Namen der Presse verraten hat. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Hoon seinen Job noch lange behalten wird. RALF SOTSCHECK