: Der Zug der Zeit
Bremens wahrer Treffpunkt: Seit 125 Jahren verbinden die Straßenbahnlinien 2 und 3 den Nordwesten mit dem Südosten Bremens – höchste Zeit ihnen ein Loblied zu singen
Bremen taz ■ Ein Hoch auf die Linien 2 und 3 der Bremer Straßenbahn AG! Seit nunmehr 125 Jahren rollen sie von Nordwesten (Walle), durch die Innenstadt nach Südosten (Hastedt). Unersetzbar für Bremen. Was 1879 als Pferdebahn begann, hat sich mittlerweile zu einer der Hauptachsen des Streckennetzes entwickelt.
Gerade rechtzeitig zum Jubiläum soll die Baustelle an der Domsheide fertig gestellt werden. Was genau genommen traurig ist, denn die Reise durch Bremens Innenstadt hat ein bisschen das Flair von Abenteuerurlaub. Vom Doventor in einem der Ersatzbusse in Richtung Dom, von dort aus ein kleiner Fußmarsch durch die Sögestraße, am Schüsselkorb einsteigen, um dann am Hauptbahnhof endlich wieder in einen Zug der gefeierten Linien 2 und 3 zu wechseln. Wenn er denn dort wartet.
Doch die normale Streckenführung ist ja auch nicht zu verachten. Was wären die Bremerinnen und Bremer mittlerweile enttäuscht, wenn nicht irgendwo ein Ersatzbus stünde, in den man umsteigen darf. Eine Strecke mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln zu nutzen, bietet doch eine willkommene Abwechslung.
Und die alten Straßenbahnen, die immer noch durch das regelmäßige Ruckeln begleitet werden, völlig aus dem Verkehr ziehen und durch einen neuen Wagen ersetzen? Diese langweiligen Bahnen, die kaum hörbar und monoton über die Gleise gleiten? Unvorstellbar.
Es gibt keine nettere Art, jemanden kennen zu lernen, als in einer dieser nostalgischen Bahnen in den Armen eines Fremden zu landen, weil der Fahrer gerade versehentlich zu scharf gebremst hat.
Am größten würde sich jedoch der Verlust der beiden Linien jeden zweiten Samstag bemerkbar machen. Nein, wer nie im Winter die Bahn mit 500 feierlich volltrunkenen Werder-Fans und mit ebenso vielen trist besoffenen Bayern-Anhängern geteilt hat, weiß nicht, wie wohlig warm eine Tram sein kann.
EHo