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Archiv-Artikel

ikea in kinderhand Bällebad in der Wolkenstadt

Von AHA

Schade. Mein nächster Ikea-Besuch kann erst wieder im August 2004 stattfinden. Ich habe leider kein Kind, das frohen Herzens in meinem Wohnzimmer die Sofakissen mit Softeis beschmiert. Ich verfüge über keinen kleinen Jungen, der durch meine Schlaflandschaft tobt. Ich nenne keine sechsjährige Tochter mein Eigen, die in der „Leckere-Gerüche-Küche“, wo „alles superlecker duftet“, die Kräuter aus dem Blumenkasten ausrupft. Und in meinem „Badeparadies“ freut sich kein Steppke, dass er „hier rumtollen und rumplanschen darf, wie es uns gefällt“ – was mich, nebenbei bemerkt, außerordentlich beruhigt. Aber weil der neue Ikea-Katalog offenbar nur noch Menschen anspricht, die etwas für unsere Volkswirtschaft und ihre Renten tun und Kinder in die Welt setzen, fühle ich mich ausgegrenzt. Das Titelblatt gibt bereits die Richtung vor: „Lass den Spieltrieb raus!“

Wenn ich einen Schaukelstuhl besäße, würde er nicht „geentert“, sondern ich würde mich schlicht hineinsetzen. Wenn ich in mein Wohnzimmer komme, kommt bei mir recht selten die Empfindung auf, es sei „toll, exotische Inseln zu besuchen“. Mein Schlafzimmer ist beileibe keine „Wolkenstadt, in der es jede Menge verborgene Schätze zu entdecken gibt“. Gut, ab und zu entdecke ich in einer Ecke hinter dem Bett eine vergessene alte Socke, aber Schatzgräberstolz will da bei mir nicht so recht aufkommen.

Ich habe einen kleinen Flur, dort hängen ein paar Jacken an einem (Ikea)-Garderobenständer. Aber ich habe ihn noch nie als „lustige Aufbewahrungslösung“ angesehen, sondern als das, was er ist: Ein frugaler Garderobenständer. Der soll nichts als seine Arbeit tun und muss für mich keine gute Laune verbreiten. Wenn ich nach einem taz-Arbeitstag nach Hause komme, möchte ich keinen Garderobenständer haben, der mir ein Kölle Alaaf entgegenruft, Grimassen zieht und mir ein paar George-Bush-Witze erzählt.

„Mit der richtigen Menge Schaum kann ich ganz tolle Bärte machen“, muss ich im Ikea-Katalog lesen und wusste bisher nicht, dass es sich dabei um eine Schlüsselqualifikation beim Möbelkauf handelt. Und ich kenne auch in befreundeten Haushalten niemanden, der „gefährliche Wolkenschlangen“ im Regal aufbewahrt. Abseits der unbeantworteten Frage, was das überhaupt sein soll.

Natürlich sind all die Kinder, die durch die 366 Katalog-Seiten krakeelen, so multikulturell es eben geht. Alle Hautfarben dieser Welt fläzen sich auf der Tomelilla-Couch. Ein globales Get-Together im Ikea-Bällebad.

Auf der allerletzten Seite angekommen, ruft mir noch ein kleiner Junge hinterher: „Das beste an Ikea-Restaurants ist, dass ich immer ein leckeres Kindergericht bekomme.“ Und im Schweden-Shop gibt es die Weichgummibonbons schon für 60 Cent.

Im August 2004 gibt es einen neuen Ikea-Katalog. AHA