: Topsanierte Firma
Renovierungs-, Gerichts- und Chartshows, Dokus und Krimis und jetzt sogar ein Umzug nach Berlin: Die Produktionsfirma „MME“ legt sich ins Zeug
AUS HAMBURG STEFFEN GRIMBERG
Die hochsommerlich stickige Halle sieht aus, als könnte sie selbst mal einen „Einsatz in vier Wänden“ gebrauchen. Viel kosten dürfte es MME nichts, schließlich produziert die Firma mit dem schönen Langtitel „Me, Myself & Eye“ die RTL-Renovierungsshow. Doch „Home Improvement“ hat MME am alten Standort nicht mehr nötig. Denn das bisher vor allem im Musikfernsehen erfolgreiche Unternehmen hat Großes vor, einen neuen Chef – und ab Januar eine Adresse in Berlin. So lange trifft man sich eben noch im alten Laden, um mal eben zu verkünden, dass aus dem Unternehmen, das vor zwei Jahren noch so gut wie pleite war, gerade die größte unabhängige TV-Produktionsfirma Deutschlands geworden ist.
„Wunderbar aufgestellt“
Denn die börsennotierte MME AG hat eingekauft: Zu Chart-Shows wie „Top of the Pops“ (RTL) oder Musik-Dokus wie „Sex ’n’ Pop“ (Arte) kommen jetzt die am Nachmittag im Privatfernsehen so grässlich erfolgreichen Gerichtsshows vom Jugend- bis zum Familiengericht und natürlich das Original der Originale, „Richterin Barbara Salesch“, dazu Tatorte und Polizeirufe für die ARD, Serien für Sat.1 und RTL.
„Wir sind wunderbar aufgestellt“, sagt der neue Chef und entpuppt sich als alter Bekannter: Bis Dezember war Martin Hoffmann (44) Geschäftsführer von Sat.1, dann folgte der rüde Rausschmiss. Bekanntermaßen ging Harald Schmidt gleich mit, der neue Mann bei Sat.1 heißt seitdem Roger Schawinski. Der wiederum setzt in der kommenden TV-Saison vor allem auf zwei Formate, die seinen Sender zum Erfolg führen sollen: Auf die Serie „Typisch Sophie“ mit Sophie Schütt. Und auf das Reality-Format „Kämpf um deine Frau“, in dem souverän zerrüttete Beziehungen unter freundlicher Hilfestellung des Fernsehens wieder gekittet werden sollen.
Sollte Schawinski hierüber mit dem obersten Verantwortlichen der Produktionsfirma sprechen wollen, muss er ironischerweise ab sofort bei Hoffmann anrufen. Denn die Produktionsfirmen Filmpool („Kämpf um deine Frau“, Gerichtsshows) und Allmedia („Typisch Sophie“) gehören jetzt zur MME AG.
Die breite Aufstellung sei „eine ideale Startrampe für das, was kommen wird“, sagt Hoffmann. Und sieht dabei so aus, dass man ihm absolut nicht abnimmt, für das Jahr 2004 eigentlich doch nur Urlaub und Ausspannen geplant zu haben. Zwar kann der erst seit Montag amtierende Vorstandsvorsitzende noch keine großen Strategien verkünden, aber die „anstehende Konsolidierung der Branche“ will er in jedem Fall „aktiv mitgestalten“.
80 Millionen Umsatz
Das Zeug dazu hat die MME AG: 80 Millionen Euro will sie 2004 umsetzen, größer sind nur noch die zur ARD gehörenden Produktionstöchter Bavaria sowie Studio Hamburg, die Ufa-Gruppe aus dem RTL-Imperium und die ebenfalls nicht mehr konzernunabhängige Endemol. Dass es beim Kunden Sat.1 komisch werden könnte, wenn der Exchef anruft, ficht Hoffmann natürlich nicht an: Das sei für ihn Geschichte, jetzt folge eine neue Zeit. „Ich bin guter Dinge, was die Zusammenarbeit angeht.“ Und zur Not wird’s eben wie früher mit dem ProSiebenSat.1-Vorsteher Urs Rohner: Mit dem Mann, der ihn schließlich bei Sat.1 feuerte, verband Hoffmann eine innige Abneigung. Wie viel lieber mag er da Harald Schmidt: „Wir sind lange Jahre zusammen gewesen“, sagt Hoffmann, aber bitte keine Illusionen: Schmidt mache jetzt erfolgreich und landesweit Kabarett, und das werde auch so bleiben, „das ist wie in Zement gemeißelt“.
Es gibt ja auch Dringenderes. Den Umzug zum Beispiel und die Verhandlungen darüber, wie Berlin die begehrte Neuansiedlung aus der Traumbranche Fernsehen versüßt. Dass es hier um viel Geld geht, ist natürlich eine Mär: „Finanzielle Geschenke bekommt man von niemandem“, sagt Hoffmann. Wie gut, dass MME am alten Standort in Hamburg genau den richtigen Nachbarn hat: Einen Hof weiter sitzt die Firma FairPack-Kartonagen – ihre Spezialität: Umzugskartons.