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Archiv-Artikel

Nur eine Ausrede

Der CDU-Senat begründet die Schließung des 1. Hamburger Frauenhauses mit einem neuen Gesetz. Das aber, warnt sogar die Union im Bund, hilft den Schutzsuchenden gar nicht. Anhörung im Rathaus

von Eva Weikert

Es ist erstmal ein kleiner Sieg: Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat jetzt einem Antrag der rot-grünen Opposition zugestimmt, eine öffentliche Anhörung zur umstrittenen Schließung des 1. Hamburger Frauenhauses einzuberufen. Am 24. September sollen externe Experten im Rathaus über die vom CDU-Senat geplante Abwicklung der Fluchtstätte befragt werden. GAL-Frauenpolitikerin Verena Lappe ist zuversichtlich, „überzeugende Argumente dafür zu hören, dass die Begründung des Senats für das Aus schlicht falsch ist“.

Durch eine Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage zum Thema sieht sich Lappe schon jetzt darin bestätigt, dass die Schließungs-Argumente von Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) auf tönernen Füßen stehen. Das Ende von Hamburgs größtem und ältestem Frauenhaus „ist eine politische und keine fachliche Entscheidung“, kritisiert die GALierin. Wie berichtet soll die 1977 eröffnete Fluchtstätte bis 31. Oktober geräumt sein. Damit schrumpft die Zahl der Plätze in der Stadt um 44 auf 163 in den restlichen fünf Häusern. „Dabei sind alle Frauenhäuser mit über 100 Prozent immer mehr als ausgelastet“, warnt Lappe.

Der Platzabbau bereitet dem Senat trotzdem kein Kopfzerbrechen. In einer Antwort auf Lappes schriftliche Anfrage rechtfertigt er ihn jetzt mit einem Gesetz und einer im Zuge dessen geschaffenen Anlaufstelle für Opfer häuslicher Gewalt (siehe Text unten). Nach dem Gewaltschutzgesetz darf die Polizei prügelnde Partner aus der Wohnung verweisen. Die „Interventionsstelle pro-aktiv“ soll über Möglichkeiten der Wegweisung beraten. Weil die Stelle „eine Alternative zum Angebot der Frauenhäuser bietet“, ist mit deren „Entlastung zu rechnen“, schreibt die Regierung an Lappe.

Die Grüne kann sich über die These nur wundern, der Berichte aus anderen Ländern widersprechen. Unter Berufung auf Erfahrungen etwa aus Österreich und Baden-Württemberg hatte noch die Bundes-CDU in der Debatte zum Gewaltschutzgesetz gewarnt, „die Möglichkeit der Wegweisung ersetzt das Schutzangebot der Frauenhäuser nicht. Diese sind mit ihrem Beratungs- und Begleitangebot auch künftig unverzichtbar“. Frauenhaus-Mitarbeiterin Angelika Damm erklärt: „Zu uns flüchtet ja eine andere Klientel – Frauen, die sich stärker bedroht fühlen.“ Zum Beweis führt sie die weiterhin konstante Überbelegung der 207 Plätze durch jährlich 1.500 Schutzsuchende an. Doch diese Erfahrungen ignoriert die Regierung: „Der Senat sieht in ständiger Praxis davon ab, Stellungnahmen anderer zu bewerten.“

Stattdessen zieht er einen Städtevergleich. Und da stehe die Hansestadt mit künftig 10.500 Einwohnern pro Platz noch „deutlich besser“ da als etwa München oder Köln, wo auf knapp 18.000 respektive 16.600 Menschen ein Platz kommt. „Der Städtevergleich ist schief“, moniert indes Helferin Damm. Und auch die GAL lässt ihn nicht gelten. Wie Lappe kritisiert, unterschlägt der Senat, dass etwa München zusätzlich zu den Fluchtstätten externe psychologische Beratungsstellen und eine nachgehende Betreuung für ehemalige Bewohnerinnen bietet. Und in Berlin etwa, das mit 10.380 Plätzen pro Einwohner eine ähnliche Platzzahl wie Hamburg aufweist, gibt es zusätzlich Notwohnungen.

Die drohende Lücke in Hamburg sollen jetzt Regeldienste in den Ämtern schließen. So antwortet der Senat Lappe auf die Frage nach Kompensation, Frauen in Not sollten künftig „Betreuung und Therapie von Anfang an im Regelsystem und nicht im System der Rundumbetreuung einer Inselsituation erhalten“. Damit aber, so die Grüne, „stellt der Senat die Konzeption Frauenhaus grundsätzlich in Frage“.