recht auf widerstand
: Ein erfreuliches Urteil

Nicht häufig kommt es vor, dass der gemeinen Bevölkerung ein Richterspruch so lebensnah und vernünftig erscheint wie der Freispruch für den Mitarbeiter der Flüchtlingsberatungsstelle im Falle des Kurden Davud K. Der Angeklagte Dietrich Koch hatte der Polizei damals den Zutritt zur psychotherapeutischen Einrichtung verwehrt, weil er sie als einen Raum versteht, der Menschen in Angst und Not zunächst einmal Hilfe anbietet. Vordergründig ging es in diesem bundesweit diskutierten Fall um juristisch relevante Details. Dahinter aber stand die Frage nach quasi exterritorialen Schutzräumen.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Nun fordert niemand ernsthaft das Kirchenasyl in Beratungseinrichtungen. Doch dass Verfolgte in einer Kirche Schutz vor der weltlichen Macht finden können, ist die Errungenschaft einer humanitären Zivilisation. Ebenso das gewährte Asyl für politisch Verfolgte.

Institutionen, die sich mit den psychischen Verwundungen Verfolgter beschäftigen, diese beurteilen und Hilfe vermitteln können, müssen auch künftig mindestens zu „sensiblen Bereichen“ erklärt werden. Wie sonst können Hilfe und ernsthafte Auseinandersetzung mit Verfolgung glaubhaft geleistet werden, wenn Behörden und Polizei ungehindert Zutritt haben? Wenn die Gesellschaft ihre Verpflichtung gegenüber Verfolgten ernst nimmt, muss Vertrauen möglich gemacht werden. Ein Missbrauch der Schutzzonen ist zudem kaum zu befürchten, denn die sind kein rechtsfreier Raum, aber einer, wo jemand mal zuhört.