Durchschnittlich intelligent und aggressiv

500 bis 600 Mal im Jahr rücken die Beamten des Berliner SEK zu Einsätzen aus. Ziel ist es, Festnahmen oder Schusswaffeneinsatz vorzunehmen. Meistens gelingt das auch. Frauen bewerben sich trotzdem nicht mehr

Als Reaktion auf das Olympia-Attentat 1972 in München wurden bei den Polizeien der Länder Spezialeinsatzkommandos (SEK) und beim Bundesgrenzschutz die übergeordnete Spezialeinheit GSG 9 gegründet. Bis heute stehen die Elitepolizeien der Länder mit der des Bundes in stetem Austausch und trainieren mehrmals im Jahr gemeinsam.

Das Berliner SEK, zu dem auch das Präzisionsschützenkommando gehört, besteht aus rund 100 Beamten. Genaue Zahlen rückt die Polizei nicht heraus. „Das ist eine hochsensible Angelegenheit“, sagt eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA). Auch was ihre Namen und Gesichter angeht, sollen die Männer anonym bleiben. Bei den Einsätzen werden grundsätzlich schwarze Sturmhauben getragen. Bekannt sind die martialischen Bilder von den vermummten Scharfschützen, die bei Besuchen von hohen Staatsgästen auf den Dächern liegen.

Die Eliteeinheit kommt immer dann zum Einsatz, wenn es brenzlig wird und normale Streifenbeamte überfordert sind. Botschaftsbesetzungen, Geiselnahmen, Festnahmen von bewaffneten Straftätern, Suizidversuche, gefährliche Hunde.

Zu den spektakulärsten Einsätzen der letzten Zeit gehörte die Entführung eines BVG-Doppeldeckerbusses der Linie 185 in Steglitz. Oder die Geiselnahme eines dreijährigen Jungen auf dem U-Bahnhof Kottbusser Tor durch einen psychisch Kranken 1998. In beiden Fällen wurden die Täter durch geschickte Manöver der Beamten ohne großes Blutvergießen überwältigt.

Wer zum SEK will, muss mindestens 27 Jahre alt sein, Polizeierfahrung mitbringen und harte Eignungstests durchlaufen. Nicht nur an Fitness und sportliche Vielseitigkeit werden hohe Anforderungen gestellt. Zu den Einstellungskriterien gehören auch eine „mindestens durchschnittliche Intelligenz“ und eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur. „Wer zu aggressiv ist, ist nichts für uns“, sagt Kommandoführer Bernd Kossin. Das SEK ist auch für Frauen offen. In der Vergangenheit ist es allerdings keiner Interessentin gelungen, die Testkriterien zu erfüllen. Inzwischen, so Kossin, gehe die Bewerberlage „gen Null“. Im Klartext: Keine Frau bewirbt sich mehr.

Das Training ist Kossin zufolge „von A bis Z“ darauf angelegt, die Festnahmen ohne Schussabgabe durchzuführen. Tatsächlich hat das Berliner SEK in der Zeit zwischen 1972 und 2001 ganze 10 Mal geschossen – mitgerechnet die Kugel, die sich ein Beamter beim Training in den eigenen Fuß jagte. Zahlen aus jüngerer Zeit liegen nicht vor.

Vor dem jüngsten Todesfall (siehe oben) ist es im Verlaufe des 32-jährigen Bestehens zu zwei Todesfällen gekommen. In einem Fall hat ein SEK-Beamter einen Supermarkträuber erschossen. Das Gericht erkannte auf Nothilfe und sprach den Schützen frei. In dem anderen Fall wurde der SEK-Beamte Roland Krüger erschossen.

Das SEK fährt im Jahr 500 bis 600 Einsätze. Zahlenmäßig, sagt Kossin, würden sich die Einsätze die Waage halten, aber das Klima sei rauer geworden, sprich: „Die Gewaltbereitschaft gegen Polizisten hat generell zugenommen.“ PLUTONIA PLARRE