: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Olympischen Spiele in Athen zeigen es deutlich: Die Deutschen haben sich positiv verändert! Zwar gewinnen wir noch immer ganz gern, aber umbringen tun wir dafür mittlerweile weder uns noch sonst wen
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Das Rechtschreibreformgewürge! Ich weiß jetzt definitiv nicht mehr, woran ich mich halten soll.
Was wird besser in dieser?
Ende des grammatikgefüllten Sommerlochs.
Die Deutschen gewinnen bei Olympia in abseitigen Arten wie Military-Reiten oder Schießen. Verstehen wir das Spiegelbild der Gesellschaft, dann ist doch alles okay, nämlich so wie immer – oder?
Wir können ja viel – außer: Mittelmaß. Nun sehen wir die Deutschen im inoffiziellen Holzmedaillenspiegel – wer hat die meisten vierten Plätze – ganz vorn? Wir gewinnen auch ganz gern, aber umbringen tun wir dafür weder uns noch sonst wen – wäre doch eine höchst löbliche Wandlung.
Wer ist denn bislang Ihre Lieblingsfigur in Athen?
Jan Ullrich natürlich. Gucken, was geht. Und dann schön feiern.
Beim Fußball macht Jürgen Klinsmann bisher eine gute Figur als Bundestrainer: schwungvoll, bestimmt und doch auch nett. Gibt es also doch wieder Hoffnung für die WM 2006 oder hat Rudi Assauer Recht, der den unerfahrenen Klinsmann zur 8. Wahl des DFB erklärte?
Schade um Völler, schade um Hitzfeld; aber unter der Maßgabe, dass alles unter Weltmeister 2006 ein Versagen wäre, hat sich kein gestandener Trainer – auch Rehhagel nicht – eine faire Chance ausgerechnet. Klinsmann engagierte sich zuvor in Jugend- und Straßenfußballprojekten; man hätte sicher einen Blöderen finden können. Die Nörgler sollen sich alle Mühe geben – eine Chance hat Klinsmann am ehesten, wenn vor dem Turnier die Erwartungen auf nahe Null runter gejammert sind.
Bundespräsident Roman Herzog fordert einst den berühmten Ruck. Jetzt gibt es ganz normale Leute, die montags gegen den Sozialabbau auf die Straße gehen. Ist das ein Zeichen, dass der geforderte politischer Ruck jetzt tatsächlich durch das Land geht?
Könnte man noch mal genauer reingucken, ob aufgestachelte Bild-Leser ganz normale Leute sind. Vergleicht man die Entwicklung der ehemaligen DDR mit der in Polen, Tschechien, Ungarn, dann haben die die schlechteste Laune, die deutlich am meisten Geld zugesteckt bekommen haben. Die ursprünglichen Montagsdemos forderten echte Wahlen, politische Betätigungsfreiheit, Reise- und Meinungsfreiheit. Dass man darüber hinaus den Sozialstaat durch pure Teilnahme überfordern kann, war auch im Westen nur wenigen klar.
Kann Gerhard Schröder den Widerstand gegen Hartz IV einfach aussitzen?
Für ein Konzept, als der Kanzler der Reformen in die Chronologien einzugehen – ja. Gewählt wird er damit nicht wieder.
Ist die Lage vergleichbar mit 1983, als Helmut Kohl den Widerstand gegen die Stationierung der Pershing-Raketen einfach ausgesessen hat?
Damals opponierten Sozialdemokraten, die die nämliche Politik unter Schmidt soeben angeschoben hatten. Das ähnelt der Union heute. Nein, ich glaube, dass die Angst vor dem nuklearen Overkill tiefer ging und mehr Menschen erfasste als die heutige Eskalation.
Apropos Kohl: Fällt Ihnen zu Kanthers aparter Verteidigung seiner schwarzen Konten in der Schweiz per Angriff gegen die von der linken Presse manipulierten Öffentlichkeit noch etwas ein? Oder fällt das unter „kommentiert sich selbst“?
Tragisch. Ein alter Mann, dem seine Lebenslüge um die Ohren fliegt.
Und was macht Borussia Dortmund?
Fliegt nicht auf Anhieb aus dem Pokal … irgendwas stimmt da nicht. FRAGEN: SF