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Archiv-Artikel

Neukölln poetisch

Gefahr wie Attika

Herrmannstraße:

Herrliche Lebenskrampfader,

Magistrale, Mutter, Mäßigerin,

mürbe Meile

Neuköllns,

du.

Du, du, du.

Heimat.

Blutgetränkt ist deine Erde

nicht.

Gott sei Dank.

Dantes Inferno

und Unkels Wohnung

liegen im Gebäude quer.

Dein bittersüßer Duft

riecht

nach Zichten, Schweiß und Kot,

nach

Gemüse, Obst und Fleisch,

Fruchtfleisch,

und nach dem Reichtum

der Armen,

der da heißt:

Leck mich am Arsch.

Oma, Opa, Fink und Star.

An Deinen Flanken

aufgereiht wie Perlen

an der Schnur aus rauem Samt

sind:

Wulle, Aldi, Rudis Resterampe

und trübe Trinkgaststätten

sonder Zahl.

Bruder Türke und Schwester

Ich

vermählen sich zum schnellen

Mahl,

bevor sie hastig scheiden:

Ich mit Kräutern, Knoblauch

und ein bisschen scharf,

er mit zwei Euro.

Da – Gefahr!

Ein kleiner Hund

huscht um die Ecke,

schwarz

wie die Nacht am Himmel über

Attika

und Neukölln.

Bellt.

Dann wieder zurück.

Blinder Alarm.

War wohl nichts gewesen.

Endlich

kommt der 104er

und trägt mich fort.

ULI HANNEMANN