: Einfach festnehmen
Keine Konsequenzen aus dem tödlichen Einsatz des SEK gegen 35-Jährigen. Todesursache war Milzriss
Innenstaatssekretär Ulrich Freise (SPD) sieht keinen Anlass, aus dem Tod eines 35-jährigen Mannes beim Einsatz der Elitepolizei SEK Konsequenzen zu ziehen. Nach der Vorgehensweise der Beamten am 6. August in einer Neuköllner Wohnung bestehe kein „Korrekturbedarf“, sagte Freise gestern im Innenausschuss.
„Auch für uns ist es eine enorme Belastung, dass ein Mensch zu Tode gekommen ist, der nichts anders getan hat, als aus seinem Fenster Feuerwerkskörper zu schmeißen“, sagte SEK-Chef Martin Textor. Das mit den Feuerwerkskörpern wisse man aber erst im Nachhinein. Nachbarn hätten die Polizei alarmiert, weil sie aus der Wohnung Schüsse hörten. „Das wurde sehr glaubhaft geschildert“. Verschärfend hinzugekommen sei, dass die drei in der Wohnung gemeldeten Männer allesamt wegen Körperverletzung vorbestraft seien.
„Rein, ran und festnehmen“ – nach dieser SEK-Grundregel sei der Einsatz erfolgt. „So wie es hundert-, ja, tausendfach praktiziert wird.“ Angeführt werde die Einheit von dem so genannten Schildträger. Der 14 Kilo schwere Eisenschild diene als Türrammer und Schutz gegen Angriffe. Bei der Festnahme, so Textor, werde die Person mit einer „fließenden Bewegung“ mit dem flachen Schild gegen eine Wand oder zu Boden gedrückt. Mehr als Prellungen oder blaue Flecken habe es nie gegeben.
Der mit dem Schild zu Boden gedrückte Andreas P., so Textor weiter, habe auch keine Vorwürfe gegen die Beamten erhoben, sondern lediglich gesagt, es gehe ihm nicht gut. Sofort eingeleitete erste Hilfemaßnahmen konnten den Mann nicht mehr retten.
Nach Angaben des Sprechers der Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, wird als Todesursache ein Milzriss angenommen. Andreas P. war drogenabhängig, litt an Hepatitis und war HIV-positiv. In einem Ermittlungsverfahren wird derzeit geprüft, ob die Aktion mit dem Schild Ursache für den Milzriss war und wenn ja, ob die beteiligten Beamten dies hätten erkennen können. Textor hat zu der Frage eine klare Haltung: Das SEK könne keine Rücksicht darauf nehmen, ob eine Geiselnehmerin schwanger sei oder ein bewaffneter Raubmörder schwer krank – „selbst wenn man es weiß“.
In zwei Wochen wird sich der Innenausschuss mit einem anderen heißen Eisen befassen: mit dem vom Polizeipräsidenten für die geschlossenen Einheiten geforderten Nahkampfstock „Tonfa“. PLUTONIA PLARRE