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Archiv-Artikel

Jukebox

Die Bergmomma nimmt einem das Haus weg

John Denver zum Beispiel, der ja eigentlich Henry John Deutschendorf Jr. hieß, der Sänger, der am 12. Oktober 1997 mit seinem Flugzeug über der Monterey Bay in Kalifornien abgestürzt ist (tja, Leaving on a jet plane) und dessen Lied „Rocky Mountain High“ in Colorado als offiziell zweite Staatshymne gesungen wird. Er war ein Sänger des Verlangens. Nach Heimat. Wo immer die auch liegen mag. In Deutschland kennt man vor allem sein Lied „Take Me Home, Country Roads“, das gern an so unwirtlichen Orten wie Straßenfesten gespielt wird, take me home, und dann stehen die Leute auf den Bierbänken, to the place I belong, dass man sich wundert, was für eine Sehnsucht da in den Menschen brennt?

Und jetzt alle: „Country roads, take me home/ To the place I belong/ West Virginia, mountain momma/ Take me home, country roads.“ Was in der Übersetzung in deutsche Verhältnisse zu seltsamen Verschiebungen führt: „Landstraßen, nehmen mich Haupt zum Platz/ Den ich gehöre West Virginia/ Bergmomma nehmen mir Haus/ Landstraßen.“ Und das wieder in einer Rückübertragung: „Highways, take me to head to the place/ Which I belong to West Virginia/ Bergmomma take me house/ Highways.“

Diese Transferleistungen verdankt man übrigens der Übersetzungsmaschine Babelfish. Doch so macht der kulturelle Austausch Spaß, in seinen Verwerfungen und bizarren Ergebnissen, die man da bei dem Geben und Wegnehmen manchmal an die Hand bekommt, kulturelle Kollisionen, freche Aneignungen, was jetzt zu einer weiteren Landstraßenplatte führt, „The Road to Salamanca“ von Trailhead, dem Projekt von Tobias Panwitz, der genau in den Americana-Fußstapfen spaziert, die ein Neil Young mit „Harvest“ und mehr noch John Denver mit seinem Countrysoftrock hinterlassen haben. In handwerklicher Hinsicht kann man gegen das gerade erschienene Album gar nichts einwenden. Bis in die Knopflöcher der Fransenlederjacke ist hier mit dem Fingerpicking und Harmony-Gesang alles sauber gearbeitet. Authentisch, mögen manche sagen, was die Arbeit mit dem Pauspapier aber eben genau nicht ist, und halt auch nicht eine wirkliche Übersetzung, die durchscheinen lassen würde, dass man seinen mittleren Westen hier von einer Berliner Heimatadresse aus betrachten muss. Keine Fragen. Keine Antworten.

„Bergmomma nehmen mir Haus, Landstraßen“ gefällt mir da doch besser. THOMAS MAUCH