: Vom Munitionslager zum Kulturtempel
Die denkmalgeschützte Orangerie im Kölner Volksgarten hat sich erfolgreich zum Veranstaltungsort für Theater, Musik, Tanz und Literatur gemausert. Morgen wird die neue Spielzeit mit Georg Büchners „Leonce und Lena“ eröffnet
„Die Orangerie ist für mich der schönste Spielort Kölns. Er versprüht eine wahnsinnige Energie. Ich finde hier die einzigartig charismatische und erfüllende Mischung aus stiller Idylle und buntem Kommunikationsraum.“ Die Augen von Günther Heitzmann leuchten, wenn er vom ehemaligen Gewächshaus im Kölner Volksgarten spricht, das der heutige Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft vor knapp 15 Jahren entdeckt und zu einem Ort für Kulturveranstaltungen umgeformt hat.
Eigentlich war der gebürtige Hamburger damals als Schauspieler für ein einmaliges Gastspiel nach Köln gekommen. Er spielte die Hauptrolle in einer skurrilen Freiluftinszenierung, die er und seine Kollegen – sehr erfolgreich – um vier Uhr morgens im Volksgarten aufführten. Doch nachdem sich der Kreative auf Anhieb in die nahe gelegene Orangerie, damals der Proberaum, verliebt hatte, blieb er kurzerhand hier. Dass er sein Herz an die Orangerie verlor, so sagt er heute, liege vor allem auch an ihrer langen und bewegten Geschichte. Die 200 Quadratmeter große, weiß getünchte, märchenhaft mit Efeu überrankte Backsteinhalle wurde 1841, zum Schutz hinter der so genannten „Lünette Drei“, einem sichelmondförmigen Erdwall, als Munitionslager und Teil der preußischen Befestigungsanlagen der Stadt erbaut. Später diente sie als städtische Ziergärtnerei.
Beim Betreten des denkmalgeschützten Baus erschließt sich dem Besucher sein ganz persönlicher Charme. Durch das milchig-transparente, mindestens vier Meter hohe Wellblechdach fällt je nach Sonneneinstrahlung, mehr oder weniger intensiv, stimmungsvolles Licht ein. So auch durch die jeweils vier, in die beiden langen Hallenseiten eingelassenen, hohen rundbogenförmigen Fenster, die dem Raum seine kapellenartige Anmutung verleihen.
„Das hier ist flächen-, licht- und akustikmäßig unglaublich verwandlungsfähig und eignet sich perfekt sowohl für ausladende Tanzshows und aufwändige Theaterstücke, als auch für Lesungen und Konzerte“, schwärmt Heitzmann. Schon seit 1992 bespielt das in Abgrenzung vom städtischen Theater von ihm mitbegründete „Healing Theatre“ die Orangerie jeden Sommer neu. Erst seit drei Jahren jedoch entwickelt sich seine Arbeit mehr und mehr zum professionell aufgezogenen Kulturbetrieb.
Entscheidend dazu beigetragen hat sicher auch das unentgeltliche Engagement einer Kölner Werbeagentur. Deren sinnliches und wegen seiner Anlehnung an die historische Sichelform grafisch sehr passendes Logo ist seit einem halben Jahr das Wahrzeichen der Orangerie auf Eingangstür und im Internet.
Neben den regelmäßig stattfindenden Kulturveranstaltungen wird neuerdings auch das gesamte Gelände an Hochzeitsgesellschaften und die Kellerräume für Privatpartys vermietet. „Nur so können wir uns überhaupt finanzieren und hoffentlich auch irgendwann einmal das marode Dach, die undichten Fenster und die Heizung sanieren“, erläutert Heitzmann. Das und eine Schallisolierung wäre der Orangerie zu wünschen. Dann ließe sich in Zukunft vielleicht sogar das geplante alternative Gastronomiekonzept als weitere Einnahmequelle etablieren. Marika Dresselhaus
Orangerie im Volksgarten, Volksgartenstr. 25, Köln, Tel. 0221/952 27 08Die neue Spielzeit wird am 26. August mit „L+L – Wasted Time – Leonce und Lena“ eröffnet, bis 29. August, Beginn jeweils 21 Uhr