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Archiv-Artikel

„Was ist daran bedenklich?“

Absolut harmlos sei die Markierung von Objekten mit künstlicher DNA, um sie vor Diebstahl zu schützen, sagt der Geschäftsführer des Unternehmens SelectaDNA, das die Produkte herstelllt

„Künstliche DNA“

Die Bremer Polizei plant ab April die Einführung so genannter künstlicher DNA (taz berichtete): Wertgegenstände würden mit der chemischen Substanz markiert, die biologischer DNA gleicht. Weil sie unter UV-Licht strahlt, würde sie die Identifikation von Diebesgut erleichtern. Auch Einbrecher würde die Polizei gerne „markiert“ sehen : Ein Alarmsystem könnte eine „DNA-Dusche“ über der Eingangstür auslösen und die Substanz über ihn streuen. Anbieter dieser Innovation ist SelectaDNA, eine Tochter der Rhine GmbH, die sich als Spezialist für fragwürdiges Kriminalpräventions-Equipment einen Namen gemacht hat: Für Furore sorgte sie beispielsweise mit den Mosquito-Geräten, die durch Ausstoßen hoher, unerträglicher Töne Jugendliche vertreiben sollen: Während in Göttingen sogar ein Schulleiter die Apparate einsetzte, hat die Stadt Osnabrück ihren Einsatz untersagt. Laut niedersächsischem Sozialministerium bestehen Zweifel an ihrer Unbedenklichkeit. JUT

INTERVIEW von JENS UTHOFF

taz: Herr van der Laan, gibt es bald keine gestohlenen Fahrräder und Autos mehr?

Donald van der Laan: Die wird es immer geben. Die Reduzierung ist unser Ziel.

Dann klären Sie uns doch mal über das Wundermittel auf, das die Bremer bald vor Einbrechern und Dieben schützen soll – was ist das für eine Substanz?

Es ist ein Präventionsmittel in der Diebstahlbekämpfung, eine Substanz, die sich aus mehreren Elementen zusammensetzt, aus einem Klebestoff, einem unter UV-Licht strahlendem Stoff, aus Mikropunkten und der eigentlichen künstlichen DNA.

„DNA“ bringt man mit menschlichem Erbgut in Verbindung – wie kommt es, dass diese chemische Substanz so heißt?

Es ist eine chemische Substanz, die in ihrer Zusammenstellung zu hundert Prozent der natürlichen DNA entspricht – nur ist sie halt in einem Labor gefertigt. DNA besteht aus vier chemischen Kompenenten, aus denen man eine künstliche Codierung erzeugen kann, wenn man sie isoliert hat.

Und der Klebstoff, der die DNA hält – lässt der sich nicht entfernen?

Die Polizei hier in Holland hat das ausführlich getestet, die sind sehr zufrieden – mit genügend Geduld und Zeit kann man das entfernen, aber es ist eine unglaubliche Mühe, die die Diebe doch eher scheuen. Man sähe die Beschädigung am Laptop oder Fernseher auch deutlich, wenn wir das mal als Beispiel nehmen wollen.

Aber als lückenlos schätzen Sie auch diese Technologie nicht ein?

Das wäre ein extremer Aufwand, der sich bei geklauten Gegenständen wie einem Computer nicht rechnet. Außerdem hinterlässt man ja auch dabei Spuren.

Ist es also der Abschreckungseffekt, der in den Niederlanden die Einbrecherzahlen zurückgehen lässt?

Das ist schon auch der Abschreckungseffekt – aber mit dem Ergebnis, dass wir hier in den beteiligten Regionen seit Anfang 2008 die Einbruchsrate halbiert haben.

Weichen die Einbrecher nicht einfach auf benachbarte Gebiete aus?

Schon zum Teil, den größten Rückgang verzeichnen wir hier auch bei kleineren Einbruchsdelikten, die häufig in direkter Umgebung getätigt werden.

Wie muss man sich die konkrete Ermittlungsarbeit der Polizei vorstellen? Werden dann mit UV-Taschenlampen Flohmärkte abgesucht?

Eigentlich geht es allgemein um Erziehungsarbeit an potenziellen Einbrechern. Sie sollen überall damit konfrontiert werden, dass mit SelectaDNA ermittelt wird. Außerdem sollen Händler auf die Risiken beim Kauf von markierten Sachen aufmerksam werden.

Wir haben hier die kleine Insel des Stadtstaates Bremen, in Niedersachsen ist man in zehn Minuten. Soll Niedersachsen dann die Bremer Einbrecher aufnehmen?

Ich halte es natürlich für möglich. Aber Bremen und Bremerhaven stehen mit dem Versuch in Deutschland an erster Stelle, die Zielstellung ist es, die Bürger dort zu sichern. Im Prinzip geht es generell um bessere Prävention, etwa auch Alarmsysteme.

Sie haben auch „DNA-Duschen“ im Angebot: Die überschütten Einbrecher mit Ihrer chemischen Substanz. Geht das nicht bedenklich in Richtung Körperverletzung?

Was ist daran bedenklich? Die Einbrüche sind hier als bedenklich zu sehen …

Moment, wir reden doch von einem Stoff, der nur unter extremsten Mühen vom Körper zu entfernen ist?

Ich kann nur noch mal betonen, die Substanz ist vollkommen harmlos. Wichtig ist auch, dass es hier in Holland extrem auffällige Hinweisschilder an den Gebäuden gibt, an denen diese Technologie genutzt wird.

Fotohinweis:DONALD VAN DER LAAN ist Eigentümer der Rhine Consulting GmbH und leitet auch das Subunternehmen SelectaDNA.