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Archiv-Artikel

Airbus-Bilanz mit Schattenseiten

Flugzeugbauer ziehen positives Resümee ihrer Werkserweiterung im Mühlenberger Loch und halten trotz Baustopps – an der Verlängerung der eigenen Rollbahn fest

Hamburg taz ■ Es war ein denkbar schlechter Termin für eine Erfolgsbilanz. Der Chef der Realisierungsgesellschaft Finkenwerder (ReGe), Hartmut Wegener, und Staatsrat Günther Bonz von der Hamburger Wirtschaftsbehörde traten gestern vor die Presse, um in blumigen Worten den Abschluss der Airbus-Werkserweiterung im Mühlenberger Loch zu verkünden. Stellen mussten sich beide aber vor allem den Fragen nach den Konsequenzen des vor zwei Wochen gerichtlich verfügten Baustopps für eine weitere Verlängerung der werkseigenen Landebahn. Erhellende Antworten blieben Mangelware.

Am heutigen Donnerstag wird die über Jahre umstrittene Werkserweiterung ins Vogelschutzgebiet Mühlenberger Loch feierlich begangen, die eine Voraussetzung für die Beteiligung des Finkenwerder Werks an der Produktion des Großraumfliegers A 380 darstellt. Die 383,5 Millionen Euro teure Erweiterungsmaßnahme, die fristgerecht beendet werden konnte, ist für Staatsrat Bonz „eines der erfolgreichsten Industrieprojekte der Nachkriegsgeschichte“.

1.600 neue Arbeitsplätze seien dadurch bereits bis heute – noch vor Aufnahme der Serienproduktion – geschaffen worden im Airbus-Werk an der Elbe, 300 weitere kämen bei Zulieferfirmen in der Umgebung hinzu. Da es bereits 133 verbindliche Bestellungen für den Fluggiganten gebe, rechnet Bonz damit, dass die Zahl der Airbus-Beschäftigten in Finkenwerder, heute 9.850, schon bald die magische Zehntausender-Grenze überschreiten werde.

Es habe sich auch herausgestellt, dass auch das verbliebene Mühlenberger Restloch „von der Natur“ angenommen werde und weiterhin große Bedeutung als Vogelschutzgebiet habe. Dass die fälligen Natur-Ausgleichsmaßnahmen bislang nur im Ansatz durchgeführt werden konnten, schiebt Bonz den „Naturschutzverbänden“ in die Schuhe: Diese würden einige der Maßnahmen weiterhin beklagen und „die Natur in Geiselhaft nehmen“, um die Werksausdehnung juristisch zu blockieren.

Welche Konsequenzen der vom Hamburger Oberverwaltungsgericht verfügte Baustopp der Werks-Landebahn hat – nach Einschätzung der Airbus-Planer für eine Auslieferung der Frachtversion des A 380 technisch unabdingbar –, darüber herrscht weiterhin Unklarheit seitens Wirtschaftsbehörde und Realisierungsgesellschaft. Beide streben eine „Nachbesserung“ der nachzuweisenden „schwerwiegenden Gründe“ an, die eine für die Pistenverlängerung notwendige Enteignung mehrerer Obstbauern rechtfertigen soll.

Der Abriss eines Deiches und die Verlegung einer Straße, die der Landebahn-Ausweitung im Wege stehen, soll indes trotz des Urteils mit Hilfe planungsrechtlicher Tricks weiter vorangetrieben werden – so soll die im Zuge der Werkserweiterung geplante Umgehungsstraße für Finkenwerder ebenfalls bis Ende 2006 fertiggestellt werden.

Staatsrat Bonz rechnet damit, dass sich die Verlängerung der Flugzeugpiste durch den Gerichtsbeschluss nur verzögern werde – von 2006 auf 2008. Dass die Airbus-Konzernzentrale ob des derzeitigen juristischen Schwebezustandes überlegt, die A 380-Produktion vollständig ins französische Toulouse zu verlegen, wollen weder er noch Wegener wahrhaben: Bindende Verträge und die bereits getätigten Millionen-Investitionen ließen ein solches Szenario „unrealistisch“ erscheinen. Marco Carini