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Archiv-Artikel

Privatisierung macht Schule

Wie die Vorgänger-Koalition will auch Schwarz-Grün in Köln städtisches Eigentum zu Geld machen, um die chronisch leeren Kassen aufzufüllen. Da ist Bürgerprotest programmiert. Teil IV der taz-Serie zur Kommunalwahl

Von Dirk Eckert

Dass es in Köln überhaupt eine schwarz-grüne Koalition gibt, liegt an einer gescheiterten Privatisierung. Ende Dezember 2002 lag im Rat der Stadt ein Antrag zur Abstimmung vor, die städtischen Anteile an den Wohnungsbaugesellschaften GAG und Grubo zu verkaufen. Gegen den Verkauf hatte es im Vorfeld stadtweite Proteste gegeben, über 60.000 Unterschriften wurden gesammelt, doch die regierende CDU-FDP-Koalition war fest zum Verkauf der GAG/Grubo-Anteile entschlossen.

Überraschenderweise kam die notwendige Mehrheit nicht zustande. Auch eine zweite Abstimmung im Januar 2003 brachte keine Mehrheit für den Verkauf. Wer aus der Koalition dagegen gestimmt hat, ist bis heute nicht bekannt, da die Abstimmungen geheim waren. Fakt ist, dass die FDP es nicht gewesen sein wollte und die CDU die Koalition mit der FDP beendete. Mit den Grünen hat sie seitdem eine deutlich komfortablere Mehrheit.

Mit dem Koalitionswechsel war der Verkauf der GAG/Grubo-Anteile vom Tisch, nicht aber die Privatisierung von städtischem Eigentum: Die neue schwarz-grüne Koalition verlegte sich nur auf politisch eher durchsetzbare Privatisierungen. Von der Überführung städtischer Einrichtungen in private Rechtsformen bis hin zum Verkauf von städtischen Anteilen an Unternehmen reichten die Maßnahmen, mit denen Schwarz-Grün das Kölner Haushaltsloch stopfen wollte.

Gesetzeslücke

Beschlossen wurde etwa der Verkauf von städtischen RWE-Aktien, von Wohnungsbaudarlehen und Erbbaurechten. Zudem sollten „strategisch nicht relevante Beteiligungen“ des Stadtwerke-Konzerns, der zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt ist, veräußert werden, „um Erlöse für die Stadt zu erwirtschaften“. Genannt wurden Netcologne, Radio Köln und die Kölner Außenwerbung.

Der Verkauf der letzteren beiden passierte im März 2003 den Rat. Im Mai 2004 wurde KölnTourismus, früher städtisches Verkehrsamt, in eine GmbH umgewandelt, Juli 2004 die Kölner Krankenhäuser in eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) überführt – späterer Verkauf nicht ausgeschlossen (siehe Interview).

Eine ganz besondere Blüte der Privatisierung kommunalen Eigentums war freilich das umstrittene Cross-Border-Leasing, das auf einer Gesetzeslücke im US-Recht basierte. Noch letzten Herbst plante die Stadt ein solches Geschäft mit Schieneninfrastruktur und Verkehrsmanagementsystemen. Als sich wenig später in den USA eine Gesetzesänderung abzeichnete, stoppte Kämmerer Peter-Michael Soénius (CDU) die Leasing-Pläne.

CDU und Grüne waren sich beim Cross-Border-Leasing nicht immer einig. Während die CDU überhaupt keine Probleme sah, lehnten die Grünen 2002, als sie noch nicht mit der CDU die Koalition bildeten, das CBL-Geschäft mit den Messehallen ab. Dass gegenüber dem Vertragspartner wirklich die Unveränderlichkeit des Betriebs der Messehallen über Jahrzehnte garantiert werden kann, bezweifelten sie. Bei der Abwasserversorgung, die 2000 verleast wurde, hatten die Grünen diese Bedenken nicht gehabt und verteidigten das CBL damals auch gegenüber den Globalisierungskritikern von Attac. Der grüne Fraktionsvize Jörg Frank verstieg sich sogar zu der Behauptung, für „traditionelle wie grüne Linke“ sei Cross-Border-Leasing „unproblematisch, wird doch so die Staatskasse des US-Imperialismus geschädigt“.

Marode Schulen

Zumindest bei der traditionellen Linken konnte Frank damit nicht landen. Im Gegenteil: Gerade an Cross-Border-Leasing-Geschäften entzündete sich in Köln – wie andernorts auch – die Kritik von Linken und Globalisierungskritikern. Attac Köln hat inzwischen einen Arbeitskreis Privatisierung gegründet.

Die Arbeit dürfte ihnen nicht so schnell ausgehen – Schwarz-Grün hat längst neue Formen der Privatisierung gefunden: Die jüngste Idee geht dahin, marode Schulen Investoren zu überlassen, die diese sanieren müssen und jahrzehntelang an die Stadt vermieten. Bei dieser unter dem Namen „Public Private Partnership“ (PPP) bekannt gewordenen Zusammenarbeit zwischen Kommune und Privatwirtschaft haben den möglichen Schaden etwa die Hausmeister, die dann bei privaten Unternehmen angestellt wären. Auf die Höhe der Löhne könnte, ja dürfte wegen der Tarifautonomie die Stadt keinen Einfluss nehmen.

Doch den Privatisierungsgegnern geht es vor allem darum, den ganzen Bereich der kommunalen Daseinsfürsorge – Wasser, Strom, Abfallentsorgung, Nahverkehr, Schulen und ähnliches – für die Bürger zu erhalten. Erfolge in anderen Städten geben ihnen Aufwind. Überall, wo Bürgerbegehren gegen Cross-Border-Leasing oder andere Privatisierungsprojekte eingeleitet wurden, stimmten die Bürger mit meist überwältigenden Mehrheiten für kommunales Eigentum.