Führungswechsel an der Küste

IG-Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller tritt vorzeitig ab. Der „Querdenker“ leistete 20 Jahre lang Pionierarbeit, nun soll ein neuer Kopf die Herausforderungen meistern

Der Chef der IG Metall „Küste“, Frank Teichmüller (62), tritt zum Jahresende vorzeitig ab. Er macht von der Möglichkeit der Altersteilzeit Gebrauch. „Ich finde, jetzt ist ein richtiger Zeitpunkt dafür, dass ein neuer Kopf an meine Stelle tritt“, sagt Teichmüller. „Die Herausforderungen werden nicht abnehmen, neue Situationen brauchen neue Köpfe.“

Der Zeitpunkt für die Zäsur ist gut gewählt. Teichmüller steht seit dem 1. November 1986 an der Spitze der Bezirksleitung – zuständig für 190.000 Metaller zwischen Rostock, Flensburg, Hamburg, Bremen und Emden. Unter seiner Leitung ist es im vorigen Jahr gelungen, nach mehrjährigen Verhandlungen im Norden einen Pilotabschluss für ein Entgeltrahmenabkommmen (ERA) durchzusetzen, das die unterschiedliche Behandlung bei der Bezahlung bei Arbeitern und Angestellten aufhebt. Novum: ERA war der erste Tarifvertrag, der dieselben Bedingungen in Ost und West garantiert. Aber auch in anderen Bereichen leistete der Jurist, der 1974 während der Schiffbaukrise als Werftensekretär bei der IG Metall Hamburg einstieg, als „intellektueller innovativer Querdenker“ Pionierarbeit. Unter seiner Ägide ist das Konzept der „betriebsnahen Tarifpolitik“ entwickelt worden, das er zunächst gegen den internen Widerstand im Bund durchsetzten musste.

Dieses Konzept gibt den Spielraum, ergänzend zum Flächentarif, durch „betriebliche Ergänzungstarifverträge“ mehr Flexibilität in den Betrieben umzusetzen, um in Krisenzeiten durch pfiffige Vereinbarungen Entlassungen zu verhinden und im Boom neue Jobs zu schaffen. Gleichzeitig ermöglicht es aber auch, Global-Playern bei Betriebsstilllegungen Paroli zu bieten und Zugeständnisse – notfalls durch Streiks – abzutrotzen, die Betriebsräte nicht durchsetzen können.

Es ist kein Geheimnis, dass Teichmüller mit dem jetzigen IG-Metall-Vorsitzenden Jürgen Peters auf Kriegsfuß steht. Teichmüller hatte seinen initiierten Machtkampf um den Vorsitz im Jahr 2003 offen verurteilt.

Sein vorzeitiges Ausscheiden sorgt nun dafür, dass vor Ablauf der Amtszeit ein neuer Bezirksleiter ernannt werden muss, der durch die Bezirkskommission Küste vorgeschlagen werden kann. KAI VON APPEN