: Der Trainer ist ein armes Schwein
Oberliga: Bei Tennis Borussia war die Krise Dauergast. Mit neuem Coach soll es nun wieder nach oben gehen
Theo Gries war vorgewarnt. „Ein Aufsichtsrat sagte mir, ich hätte den schwersten Job aller Trainer übernommen, die jemals bei TeBe waren“, erzählt der neue Trainer des in die vierte Liga abgerutschten 101 Jahre alten Traditionsclubs. Bei den Charlottenburgern ist es in den vergangenen Monaten turbulent zugegangen. Der Insolvenzantrag des früheren Bundesligavereins drohte Klubleitung und Fußvolk zu spalten. Dann kam Gries, der große Integrator. „Ich war der Überraschungskandidat“, gesteht der Pfälzer. Den Ex-Herthaner hatte niemand auf der Rechnung, als es um die Vergabe des Trainerjobs im Mommsenstadion ging.
Von 1988 bis 1992 setzte der heute 42-Jährige die raren Glanzpunkte in einer tristen Epoche beim großen TeBe-Rivalen. Der schlitzohrige Herthaner erzielte 129 Tore für den finanziell klammen Zweitligisten, eine Klasse höher reichte es in der unselig verlaufenen Bundesligasaison 1990/1991 zu 6 Treffern. „Mit dieser Quote würde ich heute lukrative Angebote erhalten und hätte ausgesorgt“, erzählt Gries. Stattdessen hielt er Hertha die Treue und wurde aber im Frühjahr 1994, „weil ich zu alt war“, ausgemustert. Nach einem Intermezzo bei TeBe (1994/95) zog sich Gries angewidert aus dem Profi-Geschäft zurück. „Ich war gefrustet über den Egoismus und den Umgang in der Mannschaft.“
Trainer seien arme Schweine, hat Theo in seiner aktiven Zeit behauptet. „Dazu stehe ich heute noch“, gibt er unumwunden zu. Doch als echter Fußball-Junkie hat es der Exprofi in der Potsdamer Reha-Klinik, die Gries nach seiner aktiven Zeit mit früheren Kollegen eröffnete, nicht lange ausgehalten. Beim Bolzen mit Patienten sei die alte Lust in ihm wach geworden. Die Anmeldung zum Trainerlehrgang – reine Formsache!
TeBe-Aufsichtsratschef Sebastian Schütz lobt den neuen Übungsleiter als „Volltreffer“. „Herr Gries passt genau in unser Konzept“, schwärmt der Sohn des früheren Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Schütz. Statt wie früher teure Stars einzukaufen, was sich angesichts der leeren Klubkasse ohnehin verbietet, setzt der neue Trainer vornehmlich auf den vereinseigenen Nachwuchs. Kein Grund für den ehrgeizigen Gries, von seinen hohen Zielvorgaben abzurücken: „Wir wollen einen einstelligen Tabellenplatz erreichen, also Platz 1 bis 9“. Nach dem 1:1 beim SV Yesilyurt am Samstag liegt TeBe derzeit im Plan – auf Platz 5. Langfristig aber hat Gries andere Ziele: „In drei bis vier Jahren wollen wir in die Regionalliga aufsteigen, sonst bin ich hier der falsche Mann.“
JÜRGEN SCHULZ